Emmas Glück (2009)
m Roman von Claudia Schreiber (Webseite) Ein roter Ferrari zerschellt mitten in der Nacht auf einem einsam gelegenen Bauernhof. Im Autowrack findet die Schweinezüchterin Emma einen bewusstlosen Mann und eine Plastiktüte voller Dollarnoten. Das Glück ist ihr vor die Füße gefallen: endlich ein Mann und genügend Geld, um ihren verschuldeten Hof zu retten. – Eine tragikomische Liebesgeschichte mit einem überraschenden Ende … Ein kompakt-kluger, bejubelter, schöner Theaterabend; ein Abend der Schauspieler: gut ausgesteuert zwischen Poesie und Slapstick, zwischen Pathos und Comedy. (Lausitzer Rundschau vom 26.Oktober 2009)
Ensemble und Besetzung
Darsteller:
Emma – Katerina Brandes
Max – Karsten Pätz
Henner – Torsten Dubrow
Hans – Mathias Rudolf
Henners Mutter – Marie-Luise Ette
Arzt – Christoph Jahn
Dagmar – Miriam Oeter
Karl – Florian Fochmann
eine Kundin im Autohaus – Marie-Luise Ette
Großvater – Florian Fochmann
Standesbeamter – Christoph Jahn
Weissrusse – Christoph Jahn
der Rabe – Pierre Beng / Katharina Riedel / Christoph Morling
Technik: Thomas Kalz, Christin Philipp Dramaturgie und Regie: Mathias Neuber PREMIERE war am 23. Oktober 2009
Lausitzer Rundschau vom 26. Oktober 2009
Die Suche nach dem Leben vor dem Tod
Das Cottbuser Kleinkunsttheater Bühne acht hat am Freitagabend Premiere mit „Emmas Glück“ gefeiert. Junge Schauspielamateure überzeugten mit Direktheit und Publikumsnähe.
Das Bühnenbild stinkt. Mitten im Publikum ein Tisch mit versifftem Geschirr, in einer Schüssel eine kaum mehr identifizierbare Melange aus Malzkaffee und Ketchup. Auf der Hauptbühne erfährt unterdessen der stille Gebrauchtwagenverkäufer Max vom nahenden Ende: Pankreaskrebs – lange wird es nicht dauern. Max ist ohnehin keiner von heldenhaftem Naturell, auch hat er kaum nennenswerte Leidenschaften außer einem großen Traum von Mexiko. Aber „die Was-Wäre-Wenns überwuchern alles!“, formuliert er sein Dilemma, klaut einen Ferrari und viele Dollars, stärtet durch… und landet auf Emmas Schweinehof.
Emma ist eine schmallippige, störrische, mittelalte Jungfer sie pflegt ihr Einsiedlerdasein weit konsequenter als ihren Messiehaushalt, von dem eingangs beschriebenes Bühnenbild ein wesentlicher Bestandteil ist. Aber diesen von der Landstraße gefallenen Engel, dieses Prachtexemplar von einem Kerl, wird sie nie wieder weglassen, soviel steht fest. Das Expose ist bis dahin nicht sehr weit entfernt von Stephen Kings „Misery“ – zumal wir bald erfahren sollen, dass Emma ein wirklich eigenwilliges Ritual zum Abschlachten ihrer Bioschweine pflegt. Doch dann funkt beiden die Liebe dazwischen. Eine Liebe, die keiner von beiden jetzt und hier brauchen kann, weil sie alles mindestens so schwierig wie schön macht: bezaubernd hilflos versucht Max, es sich im Chaos nett zu machen, Emma probiert sich als Vamp. Frust und Schmerzen, Hoffnungslosigkeit und Furcht zum Trotz verbringen beide eine einzige wundervolle Liebesnacht. In der Rolle des Max überzeugte preisgekrönt und auf der. Leinwand Ausnahmeschauspieler Jürgen Vogel. Amateurmime Karsten Pätz steht ihm merkwürdigerweise kaum nach: so pur, so leise, so unaufgeregt – jede Zeile, die er spricht, hat er vorher gedacht. Das ist selbst bei Profis nicht selbstverständlich. Das Ensemble ist dicht an der Romanvorlage von Claudia Schreiber geblieben, hat Wesentliches kapiert und deshalb klug umgesetzt: Das zentrale Thema der humanen Sterbehilfe deutet sich längst an, als Emma (Katerina Brandes mit herber Schönheit) im Schattenriss ein Ferkel in ihren Armen hält – um ihm alsbald die Kehle durchzuschneiden. Genauso wird sie schließlich den sterbenden Max erlösen: ihn, in ihren Schoß gebettet, nun doch zum zweiten Mal, küssend, streichelnd… ihn erlösend. Die Stärke dieser Inszenierung (Mathias Neuber) ist die so schlicht mitklingende . Frage, wie menschenwürdig das Leben erstmal sein muss, um das Sterben aushaltbar zu machen. Selbst der zarte Anflug von Larmoyanz wird in Sekundenschnelle gekontert durch Christoph Jahns Notar, der mal eben zur Ordnung ruft: Und Aufräumen meint den insolventen Bauernhof nebst Max‘ Leiche. Basta. Ein kompakt-kluger, bejubelter, schöner Theaterabend; kein kompliziertes Regietheater, sondern ein Abend der Schauspieler: gut ausgesteuert zwischen Poesie und Slapstick, zwischen Pathos und Comedy. von Sylvia Belka-Lorenz
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