CIRCUM MUNDI

Circum Mundi (Kabarett) 2000

Nummernfolge

01 – Geklohnt – 02 – Circum Mundi – 03 – Circum Morti – 04 – Das gemeine Psst! – 05 – Überfahren –  06 – Kopflos – 07 – Albinia Maulwurf – 08 – Interview mit Albinia Maulwurf – 09 – The Compu – Kids –  10 – Au! – 11  Geehrt – 12 – Multiple Persönlichkeit – 13 – Auto – Crash – 14 – Rotes Telefon – 15 – Dolly – 16 – Die letzten Originale – 17 – Boss – 18 – Lotterie – 19 – Mobbing – 20  – Pflegeversicherung 1 – 21 – Pflegeversicherung 2 – 22 – Traurigkeit der Clowns – 23 – Herr Magnitelli als Clown – 24 – Herr Magnitelli und Regisseur Einstein – 25 – Ist mir egal – 26 – Entweder – Oder – 27 – Neugeboren – FINALE 

1 (Geklohnt): Die vier Klohns. – Alle haben die Hand vor der Nase. Anzüge. – Frau Merkel: (überrascht) Herr Möllemann! – Herr Möllemann (überrascht): Frau Merkel! – Herr Schröder (empört): Frau Fischer! Sie! Gerade Sie! Ich hätte Sie … – Frau Fischer: .. (aggressiv) für bescheiden gehalten? – Herr Schröder: (arrogant): Ja. Ich hingegen … – Frau Merkel: Jaja, Herr Bundeskanzler, sie hingegen! – Herr Schröder: (kleinlaut): Ja. – Sie nehmen die Hand aus dem Gesicht – rote Clownsnasen kommen zum Vorschein. –  Herr Möllemann: Wo haben Sie es machen lassen? – Herr Schröder: Los Alamos. – Frau Merkel: (vorlaut) Das ist in Amerika. – Herr Mölle­mann: (empört) Man ist ja nicht blöd. – Herr Schröder: Und Sie? – Herr Möllemann: Köln. Ganz simpel. – Frau Fischer: Ich hab es in Japan machen lassen. – Frau Merkel: Ich in Tula. Das ist in Rußland. – Herr Möllemann: (nach vorne) Man ist doch blöd. – Frau Merkel: (regt sich groß auf ) Ich wollt‘ ja nur sagen .. (kleinlaut) Es war billiger. – Frau Fischer: (zu Frau Merkel) Und warum? Warum Sie? – Frau Merkel: Weil ich einzigartig bin. (verliebt) Der Eddie hat es gesagt, der Edmund Stoiber: Einzigartig. – Herr Möllemann: (sarkastisch) Fragt sich, wie er das gemeint hat. – Herr Schröder: (kichert) Man ist ja nicht blöd. – Frau Merkel: (laut, scharf) Das passiert mir nicht noch einmal, das sag ich Ihnen. – Frau Fischer: Und Sie, Herr Möllemann? – Frau Merkel: Da fragen Sie noch? – Frau Fischer: (mit Blick auf Herrn Möllemann) Einzigartig! – Herr Möllemann: (blickt nach vorn) Jawohl. Und dazu steh ich. – Frau Fischer: Und Sie, Herr Bundeskanzler? – Herr Schröder: In aller Bescheidenheit. Mich gibt es nur einmal. – Frau Merkel: Gab. – Herr Schröder: Wie bitte? – Frau Merkel: (naseweis) Gab. Es gab Sie nur einmal. – Herr Schröder: (heult los) Leider haben Sie unrecht. Überhaupt nicht mehr gibt es mich. Strenggenommen. – Frau Fischer: (heult) Hätten wir das nur nie getan! – Auftritt Herr Magnitelli. – Herr Magnitelli: Was hätten Sie nie getan? – Schweigen. Schließlich: Frau Merkel: Es sollte vollkommen ohne Risiko sein. – Herr Möllemann: Mit Dolly ist es ja auch gut gegangen. – Herr Magnitelli: Dolly? – Moment mal, Sie haben sich .. – Herr Schrö­der: Jawohl! – Herr Magnitelli: .. klonen lassen? – Frau Fischer: .. klonen lassen, ja .. wollten wir .. – Herr Möllemann: Aber irgendetwas ging schief .. (guckt die anderen lange an)  .. in(Köln. – Herr Schröder: In Los Alamos. – Frau Fischer: In Japan. – Frau Merkel: Und in Tula sowieso. – Frau Fischer: Man könnte also sagen, Herr Direktor, wir sind .. – Herr Magnitelli: .. geclownt worden! – Betretene Gesichter. – Frau Merkel: Aber das ist noch nicht das einzigste .. – Herr Magnitelli: Sondern? – Herr Schröder: Die Originale sind weg! – Herr Magnitelli: Sie meinen, Sie sind gar nicht der Bund .. – Herr Schröder: Nein, sein Klon .. – Frau Fischer: Klon. Schön wär’s. – Herr Schröder: Also – sein .. Clown. – Herr Magnitelli: Und den Bundeskanzler gibt’s nicht mehr? – Herr Schröder: Gibt’s nicht mehr. – Frau Merkel: Die Originale sind kaputtgegangen beim Klonen. Alle! – Herr Schröder: (verzweifelt) Die Bürgerinnen und Bürger sind ohne Regierung! – Herr Möllemann: Furchtbar! – Herr Magnitelli: Großartig! – Am Klavier das Deutschlandlied. (??) Die Klohns setzen sich vor auf den Praktikabelrand, nehmen ihre Instrumente auf ((Blockflöte (Anja) , Dröde 1 (Markus), Dröde 2 (Caterina), Topfdeckel (Gabi)). Blicken in Klohnshaltung (ernst!) ins Publikum, die Instrumente haltend, als würden sie jeden Moment losspielen wollen. Das Deutschlandlied geht über in einen Zirkusmarsch. – Auf dem Praktikabel Herr Magnitelli.

2  Herr Magnitelli: Jajaja, schaun Sie sich um .. – Circum Mundi, meine Damen und Herren, dazu sind Sie hergekommen .. Wissen Sie überhaupt, was das heißt .. ? Circum ..? ….. zirkum .. ? – Nichts da mit Zirkus .. oder zumindest nicht gleich .. zirkum heißt: um .. herum .. Also, um Ihnen mal ein Beispiel zu geben .. Circum Mundi heißt: Herum um die Welt .. – Also gut, wir sind nicht weit über Cottbus rausgekommen mit unserem Programm .. genauer: nicht mal um Cottbus herum .. also nicht: Circum CottbiHi .. oder wie das heißt auf lateinisch .. nein, genau gesagt könnte sich alles, was Sie heute sehen, abspielen, na sagen wir, zwischen Bahnhofsbrücke und Arena .. Arena – Sie merken schon, hat auch was mit Zirkus zu tun .. mein ich aber nicht .. nein, Arena das ist die Diskothek im Norden, das ist, wenn Sie Schuhwichse im Gesicht haben, da kommen Sie da nicht rein .. Ja, echt .. Ist mir passiert .. Ich mein, ich spiel hier nicht nur den Zirkusdirektor .. Ich spiel auch den Othello.. ‘Ne berühmte Figur … berühmter als jeder Fußballer .. aber das nützt Ihnen nix .. Nicht in der Arena .. Da sind Sie eisern dort die Jungs .. –Ich mein, ich versteh’s ja noch .. Ich hätt mich ja auch waschen können .. Aber das nützt Ihnen auch nix .. auch wenn Sie ‘ne ehrliche schwarze Haut sind, kommen Sie dort nicht rein .. Apropos Fußball .. Wissen Sie, was Sie machen, wenn Sie ‘n Schwarzer sind, und zur Bundesliga wollen? Hier in Cottbus? – Sie rufen die Polizei ..! Und wenn die dann Zeit hat, geht die mit Ihnen die Eintrittskarten kaufen .. und guckt sich auch das Spiel an mit Ihnen ..! Echt! .. Wenn Sie Zeit hat! – Und wenn nicht? – Na, dann gucken Sie in die Röhre .. – Also, haben Sie’s nun begriffen? Circum Mundi – herum um die Welt .. und nicht hinein nach Cottbus .. – Nein? Noch nicht? Nicht begriffen? Also dann ein anderes Beispiel? – Zircum uni!? – Wie wär’s damit? .. Achja, ich weiß, geht nicht .. Der Cottbuser Student lebt abgeschirmt, ahnungslos, völlig unpolitisch und unbeschwert auf seinem kleinen überschaubaren Campus .. Essen gibt’s in der Mensa, Kaffeeklatsch in der Cafeteria, die Welt im Kabarett einmal im Jahr, es ist zum Weinen  .. (nimmt einen Schluck) .. Ich bin untröstlich, meine Damen und Herren, deshalb die nächste Nummer .. – Ab. –Der Pianist und unten die Klohns beginnen „We are the Champions“ zu spielen. Beim zweiten Mal stehen sie auf einen Schlag auf, beim dritten marschieren sie um das Praktikabel herum hinaus. Während das Klavier weiterspielt, kommt oben Gabi mit Schnurrbart, Schiebermütze und Leiter (als Lasso Suizidale) sofort wieder heraus. Sie steigt auf die Leiter und macht Versuche zu springen. Beppo Schlitzkus (Gabi – Kaiserbart, Melone) steckt den Kopf durch den Vorhang. –

3 (Zirkum Morti): Beppo Schlitzkus: Aber, aber, wer wird denn gleich springen wollen? – Lasso Suizidale: (heult herzzerreißend) Aber warum denn nicht? – Beppo Schlitzkus: An einem so schönen Abend. (blickt über sich) Es blinken die Sterne. Und der Mond ist aufgegangen. – Lasso Suizidale: (heult) Wenn man wenigstens Geld in der Tasche hätte, um sich zu betrinken. – Beppo Schlitzkus: Ja, genau, was ist mit den schönen Dingen des Lebens. Willst du nie wieder Wein trinken, nie wieder die Lindenstraße sehen, nie wieder Star Trek? – Lasso Suizidale: (finster, trotzig) Ich komme sowieso auf keinen grünen Zweig mehr. – Beppo Schlitzkus: Du vielleicht nicht. (beginnt am Vorhang entlangzustreichen wie an einer Frau) Aber die Natur als Ganzes ist viel wichtiger als wir Einzelwesen. Sie wird uns alle überdauern. Wir können sie aber bewundern und genießen Zeit unseres Lebens. (bricht das Spiel ab, scharf) Und das willst du hier so mir nichts dir nichts beenden? (das alte, lasziv-obszöne Spiel mit dem Vorhang) Stell dir zuvor noch einmal die Schönheit deiner Umwelt vor: Frühling, Sommer, Herbst und Winter .. – Lasso Suizidale: (hat die ganze Zeit nach vorn geblickt) Ölpest, Dürre, Flut und Smog! – Beppo Schlitzkus: (beiläufig; er schmust mit dem Vorhang) Willst du denn niemals mehr ein gutes Buch lesen? – Lasso Suizidale: Komm mir doch nicht mit Büchern. Da sterben die Helden auch immer bloß: Winnetou (heult), Dracula (heult), Rumpelstilzchen (heult). Ist doch immer das gleiche. Die besten müssen zuerst dran glauben. – Beppo Schlitzkus: (schmust nicht mehr) Das streite ich gar nicht ab. Aber denk doch an deine Familie. An Menschen, die dich brauchen. Deine Frau (drückt sich an den Vorhang), deine Kinder. – Lasso Suizidale: Meine Kinder? Die haben mir zum 52. einen Gutschein fürs Altersheim geschenkt! – Beppo Schlitzkus: (streichelt den Vorhang) Und was ist mit den vielen Menschen, denen du helfen kannst? Mit den armen kleinen Kindern in Afrika? – Lasso Suizidale: Afrika? 150 Mark gibt meine Frau für eine Nacht mit so einem Afrikaner … – Beppo Schlitzkus: (gerät in Erregung): 150 Mark! – Lasso Suizidale: .. ach, was sag ich, für eine Stunde. Was sie für eine ganze Nacht spendiert, möchte ich gar nicht wissen. Für 150 Mark .. – Beppo Schlitzkus: (in Erregung): Für 150 Mark! – Lasso Sui­zi­dale: .. muß ich drei Tage malochen. – Beppo Schlitzkus: (hellwach)Wenn du partout springen mußt, gib mir doch vorher die Adresse von deiner Frau. – Lasso Suizidale: Hä? – Beppo Schlitzkus: Hier, Kugelschreiber und Zettel. – (reicht das Genannte hinauf – Pause, Suizidale überlegt, Schlitzkus ungeduldig): Was ist denn? Willst du mir meinen Kugelschreiber und meinen Zettel nicht wiedergeben? – Lasso Suizidale: (heult groß auf) Das macht 150 Mark

4 (Das gemeine Psst!): Herr Magnitelli sitzt auf der Bank und liest Zeitung. Auf einmal hört er „Psst“! Er dreht sich um, findet aber nichts. Da hört er wieder „Psst“! Er senkt die Zeitung und lauscht. – Stille. Wieder: „Psst“! Und noch einmal: „Psst“! Der Herr Magnitelli steht auf und ruft: „Hallo, ist da jemand?“ – Keine Antwort. –Herr Magnitelli setzt sich wieder. Man hört „Psst“! Herr Magnitelli bleibt ignorant. Jetzt kommt das „Psst“! in regelmäßigen Abständen und wird immer lauter. So laut, daß der Herr Magnitelli schließlich tot von der Bank fällt. Man hört eine gemein feixende Stimme: „Das gemeine „Psst“! hat wieder zugeschlagen. Hahaha! (Halleffekt). 

5 (Überfahren): Lady Bavaria kommt auf die Bühne und hilft  dem Herrn Magnitelli auf die Beine. – Dieser, mit blutiger Stirn, tobt: „Ich will diese Nummer nicht, wie oft habe ich das schon gesagt! – Lady Bavaria: Ja, mei, nu gehen’s schon, Herr Magnitelli! Jetzt kummt glei der Hansi Hauslos .. – Herr Magnitelli: Ich will diese Nummer nicht! – Lady Bavaria: Wos, die a net? – Herr Magnitelli: Was, wie heißt die? Ich bin ganz durcheinander .. – Lady Bavaria: „Überfahrn“ haaßt die .. – Soll mer nu spualn oder net? – Herr Magnitelli: Spielt, spielt ..  – Ab. –  Lady Bavaria (im bayerischen Dialekt – extravagant angezogen): O hallo! Wir haben uns ja schrecklich lange nicht mehr gesehen. Du siehst gut aus! Wie geht’s Dir? – Hans Hauslos: Naja, eigentlich nicht so gut. – Lady Bavaria : Man ist das eine Hitze heute .. ähm .. wo waren wir stehengeblieben .. achja, Dir geht es nicht so gut. Was ist denn los? – Hans Hauslos: Ach naja, da kommen eigentlich mehrere Dinge zusammen. Ich weiß nicht, ob Du soviel Zeit hast, Dir das anzuhören. Es ist ja auch nicht so wichtig. – Lady Bavaria : Also, was soll das denn jetzt heißen, Du weißt doch, für Dich habe ich immer Zeit. – Hans Hauslos: Entschuldige, das sollte nicht gegen Dich gehen. – Lady Bavaria : Es klang aber ganz so! – Hans Hauslos: Tut mir leid, so war es wirklich nicht gemeint. – Lady Bavaria : Sag mal, was machst Du jetzt eigentlich so. Man hört ja gar nichts mehr von Dir. – Hans Hauslos: Naja, ich wohne jetzt unter der Brücke. – Lady Bavaria : Echt? Ich bin auch umgezogen. Das war vielleicht eine Arbeit, meine ganze alte Wohnung mußte ausgeräumt werden. Die Möbel gingen ja noch, aber der ganze Krimskrams! Das war echt Wahnsinn. Am schlimmsten war es dann, das alles wieder auszuräumen und zu sortieren. Ich bin heute noch nicht ganz fertig. Es ist übrigens zwei Monate her, daß ich in die neue Wohnung eingezogen bin. Und bis ich erstmal die Wohnung gefunden hatte. Ich sage Dir, ein Streß! Ich hatte mir vorher mindestens zwanzig andere angesehen. Eine war ziemlich weit draußen, ganz in der Nähe von einem Wald. Die hatte mir eigentlich gefallen, war mir dann aber doch zu weit weg vom Zentrum. Weißt Du, ich hätte gern etwas, was im Zentrum liegt, aber trotzdem im Grünen. Aber so etwas ist echt schwer zu finden. Und so viel Geld habe ich ja auch nicht. Und Wohnungen sind heutzutage ja alle so teuer. Hans Hauslos: Jaja, seitdem das Sozialamt nicht mehr für mich zahlt, habe ich’s auch nicht mehr so üppig. – Lady Bavaria : Naja, man muß halt sehen, wie man sich beruflich verbessern kann. Ich zum Beispiel habe meinen Chef davon überzeugen können, daß man als Lady Bavaria  ohne betrieblich gestützten Dienstwagen absolut nicht auskommt. Immerhin muß ich jeden Tag von meiner Wohnung in die Praxis fahren und abends den ganzen Weg wieder zurück. Und diesen ganzen Aufwand wollte er mir noch von meiner Arbeitszeit abziehen. Nur weil ich eine Frau bin, hat er am Anfang geglaubt, er könnte mich reinlegen, aber nicht mit mir, meine Anwältin hat dann durchgesetzt, daß ich für die ganze Zeit, die ich für die Arbeit verwenden muß, bezahlt werde. Stell Dir vor, ich arbeite ganze zwölf Stunden am Tag. Also das fängt morgens an mit Aufstehen, Anziehen, Zähneputzen und Frühstücken, alles Dinge, die gemacht werden müssen als Sprechstundenhilfe. Und abends geht es dann noch weiter, zur Zeit verklage ich meinen Chef gerade wegen 100.000 DM, das ist der Lohn, den ich noch für die Nächte der letzten 5 Monate bekomme. Immerhin muß ich von Berufs wegen schlafen. Wenn ich nicht schlafe, bin ich ja als Sprechstundenhilfe gar nicht mehr zu gebrauchen. Und natürlich übernimmt der Chef auch meine Schönheitsoperation, die ich hab machen lassen um die Motivation meines Chefs zu steigern. Guck mal, ist meine neue Nase nicht schön geworden? – Hans Hauslos: Doch ja. Mich haben sie auch operiert, nachdem mich die Müllabfuhr überfahren hatte. Meine beiden Kiefer bersten noch ein bissel auseinander. Tut halt noch etwas weh beim Schlucken. – Lady Bavaria : Ah, apropos Essen. Kennst Du schon den neuen Griechen? Agrarpolis so ähnlich heißt das Restaurant. Hmm! Ich sage Dir, das Essen dort ist einfach traumhaft. Du fühlst Dich wie in Griechenland. Am liebsten gehe ich ja nach dem Kino dorthin. Das Mussakka mit echtem Mussorskikäse und als Nachtisch Malagga-Eis. Himmlisch. Wirklich. Viel besser als italienisch essen zu gehen. Ich meine, zum Italiener gehe ich schon lange nicht mehr. Da trifft man viel zu viele alte Bekannte. Und über türkische Spezialitäten kann ich nur lachen. Hackepeter und Krautsalat. Wirklich sehr speziell. Seit neuestem gehen wir ja immer ins Kartoffelhaus. Weiß Du, daß die Kartoffel früher mal eine Zierpflanze war? Ulkig nicht? Nein, also zierlich finde ich Kartoffeln wirklich nicht. Naja, da müssen sie ganz schön genmanipuliert haben. Aber heutzutage weiß man ja sowieso nicht, was im Essen drin ist. Seitdem ich mir das immer sage, kann ich auch wieder die chinesischen Gerichte genießen. – Hans Hauslos: Hör mir bloß auf mit den Chinesen. Letztens hab ich ‘ne Stange Marlboro für fünf Mark gekauft, und als ich die Schachtel aufmach, war überall nur Sand drin. – Lady Bavaria : Ach bist du auch so ein Strandfanatiker wie ich? Also wir fahren ja jedes Jahr ans Mittelmeer. Natürlich mit TUI. Die bieten jetzt sogar kostenlos vorgedruckte Urlaubskarten an. Du brauchst sie nur noch zu unterschreiben und abschicken lassen. – Hans Hauslos: Naja, wenn ich Glück hab, kann ich den Winter im Obdachlosenheim verbringen. – Lady Bavaria : Jaja, Du bist mir schon so einer. Läßt nichts aus und nimmst alles mit. Du kleiner Schlingel Du! Aber jetzt ist Feierabend – der Chef ist sowieso schon weg. Laß es dir weiter gut gehen und bleib wie du bist. –

6 (Kopflos): Herr Magnitelli: (tupft sich mit einem Tuch gegen die malträtierte Stirn) Ja, die Nummer mit dem Psst .. Ich wollte diese Nummer nicht, nie! Bitte, sag ich, Einstein, lassen wir die Nummer raus! Die Gefahr, daß ich mich verletze, ist viel zu groß, und begreifen tut sie eh keiner! – Nichts da, sagt Einstein, die Nummer bleibt drin! – Dann verschieben wir sie wenigstens nach hinten! Bitte! Einstein! – Steht der auf in seiner ganzen Größe und brüllt: Was verstehst denn du von einem Kabarettprogramm! Da hat jedes seinen Platz! Seinen, verstehst du, nicht einen! Gott würfelt nicht! – Hat er gesagt. Seitdem heißt er Einstein. Dort hinten sitzt er. Der Regisseur. (Wendet sich direkt an den Regisseur) Und was hättest du gemacht, wenn ich dabei draufgegangen wär, he!? Kopp ab von diesem blöden Psst, he!? Wär ich hier rumgerannt wie’n geschlachtetes Huhn, he? ‘N Anzug ohne Kopp, he!? Wie? Das hätt‘ dir gefallen? Das glaub ich!! Wär die Attraktion gewesen, wie! (Hört in Richtung Regisseur) .. Wie .. ? .. Attraktion .. ist mein Stichwort  .. Wie .. ? …. Mensch­­liche Attraktionen .. Exkursion in die Zirkusgeschichte … Zirkuselefant und Mensch auf einer Stufe …. Noch bis in die zwanziger Jahre galten Ausländer als Attraktionen, jawohl … Ja, verstanden .. In der Tierschau des Zirkus Hagenbeck wurde noch 1924 eine Eskimofamilie ausgestellt neben Dromedaren und Indianern .. Ja, so soll ich das sagen .. Ja, so sag ich das .. In der Tierschau des Zirkus Hagenbeck wurde noch 1924 eine Eskimofamilie ausgestellt neben Dromedaren und Indianern .. – Also, mit den Eskimos und Indianern, das ist vorbei. Das ist politisch nicht mehr korrekt. Deshalb haben die auch auf der Expo keinen Pavillon. Obwohl .. der Großvater von dem Karempeu .. Kennen Sie nicht? Französischer Nationalspieler ..? Fußball .. ? Ja, Fußball ist heute auch unser Thema .. Also, das war ein Kanake .. Jawohl, Kanake .. Und der ist noch hier rumgereicht worden in Europa von Weltausstellung zu Weltausstellung .. Also, das geht heute wirklich nicht mehr .. Das interessiert auch keinen .. Also, wo man alle Ausländer zu Kanaken macht .. Nee, das kann hier nicht mehr funktionieren .. Nee, das geht nur andersrum .. Also, so …… ‘- …. N paar Glatzen fangen .. Jawohl, ‘ne Glatzenjagd .. .. bis man sie hat .. so sechs, sieben Stück .. und dann ab .. in ’nen Container .. und ausstellen in Nairobi .. in so ‘ner Art Affenkäfig .. da kommt dann keiner mehr her .. aus Nairobi .. – Wär’n Sie dabei? – Verstehe, verstehe, ‘n heißes Thema .. Wer weiß, wo überall die inzwischen ihre Leute haben .. Also, bleiben wir brav, meine Damen und Herren, und verhalten uns politisch korrekt! Denken wir an unsere Zukunft. Wer will schon bald kopflos durch die Gegend rennen. Still, ganz still, meine Damen und Herren, und nicht hinausgehen aus den eigenen vier Wänden. Hier ist unsere Attraktion, hier ist Albinia Maulwurf, die Dauerfernsehguckerin …

7 (Albinia Maulwurf): Albinia Maulwurf: Guten Abend. Man hat mich hier rauf geschickt, um Ihnen ein bißchen was zu erzählen. Ähm, ja. Wo fang ich da am besten an? Ich mach sowas ja auch zum ersten Mal. Ach, ich weiß. Fernsehen. Haben Sie auch einen Fernseher? Ich meine, ich könnt‘ ja auch ohne Fernseher leben, aber da ich nun schon mal einen habe, und die ganzen Weltpremieren und Supershows, das wär doch schade, wenn die sich keiner angucken würde. – Ja, haben Sie sich mal gefragt, wo die ganzen Fernsehstars eigentlich herkommen? Man kann ja gar nicht glauben, daß das früher mal normale Menschen waren. Menschen wie du und ich. Passen Sie nur auf, daß Sie nicht zu normal werden, sonst stellt man sie morgen auch vor die Kamera. Im Grunde muß man dafür auch nicht viel können. Du mußt nicht schauspielern können, brauchst nicht singen können. ja, du mußt noch nicht mal gut aussehen. Obwohl das von Vorteil wäre. Also die Häßlichen sind im Fernsehen in der Minderheit. Für die gibt’s noch keine Quote, nein. Aber mal ehrlich, finden Sie das nicht auch deprimierend? Ständig diese aalglatten, wohlgeformten Gesichter mit dem extrabreiten Grinsen, in dem sich die neuesten Errungenschaften der Dentalästhetik widerspiegeln? Also nichts gegen schöne Menschen – nein, ich bin ja tolerant, aber diese ständige indirekte Anklage! Kennen Sie das, wenn einen das schlechte Gewissen plagt, und man sich sagt: Okay, ab morgen mach ich die Apfelessigverätzungsdiät, gleich morgen früh nach dem Aufstehn geh ich ‘ne Runde joggen, aber heute hau ich mich noch mal hin, und stopf mir noch mal so richtig den Wanst voll. – Naja, ich sage mir ja immer, auf die Ausstrahlung kommt es an. Dafür braucht man auch gar nicht allzuviel zu tun – sagt schon der Name. Man muß einfach alles nach außen strahlen. Den ganzen Frust und Kummerspeck von der neuen Leber weg grinsen. – Nee, soll aber wirklich stimmen: Eine viertel Stunde lachen hat etwa dieselbe Wirkung wie fünfzehn Minuten Fitneßcenter. Haben Sie sich gewogen, bevor sie hergekommen sind? Hätten Sie mal machen sollen.  – Ja, ich finde das schon entscheidend, ob ich nun eine Minute in der Gegend umherkichere, oder mich in derselben Zeit in einem multifunctional body shape trainer abstrampele. Man kann natürlich auch noch ganz andere Dinge im Fitneßcenter machen. Gymnastik mit dem Ball beispielsweise, ja, oder man kann einen leckeren Cocktail schlürfen. Ist Ihnen das schon mal aufgefallen, wenn sich in einem deutschen Film zwei Leute in einem Fitneßcenter treffen, dann hängen die stets an der Bar und trinken einen Multivitaminsaft. Multi, das klingt schon so sportlich … Aber bleiben wir mal beim Thema. Fragen Sie sich auch manchmal, wie es wäre, wenn Sie einer von unseren Promies wären? Also, ich hab mir ja schon überlegt, was ich bei Alfred Biolek koche. Ich schwanke noch zwischen versunkenem Apfelkuchen und Erbseneintopf. Beim Apfelkuchen wird der Teig meist klumpig, ich habe auch schon überlegt, was man dagegen tun kann, aber ‘ne Backmischung geht ja schlecht im Fernsehen. Also dann doch der Erbseneintopf, aber dann muß mich der Herr Biolek im Sommer einladen, wegen der frischen Erbsen vom Biobauern des Vertrauens, sonst muß ich höchstens welche aus Afrika einfliegen lassen. Denn so’ne Dose kommt ja auch nicht gut. Achja, es gibt schon leckere Sachen im Fernsehen.

8 (Interview mit Albinia Maulwurf): Herr Magnitelli tritt auf. – Herr Magnitelli: Sagen Sie, Albinia, stimmt das, was man von Ihnen erzählt? – Albinia Maul­wurf: Was erzählt man denn von mir?  – Herr Magnitelli: Daß Sie jede, aber auch wirklich jede, Minute vor dem Apparat verbringen? – Albinia Maulwurf: Ja, das stimmt. – Herr Magnitelli: Wird Ihnen denn nie langweilig? – Albinia Maulwurf: Nie. – Herr Magnitelli: Nie? – Albinia Maul­wurf: Nein, nie. – Herr Magnitelli: Aber das Fernsehen bringt doch nur Schrott. Und die Nachrichten, das ist auch immer dasselbe: Lüge, Gewalt, Katastrophen. – Albinia Maulwurf: Sehen Sie! – Herr Magnitelli: Ich verstehe nicht? – Albinia Maulwurf: Also hören Sie her: Es passiert doch, oder? – Herr Magnitelli: Sie meinen, es wird gelogen, es wird Gewalt angewendet, und es passieren Katastrophen? – Albinia Maulwurf: Genau. Ich langweile mich dabei nie. Es ist reality!Nichts ist so schaurig, wie der Gedanke, der Obdachlose, den sie gerade zusammentreten, wird vor deiner Tür zusammengetreten! – Herr Magnitelli: Und Sie gehen wirklich nie aus dem Haus? – Albinia Maulwurf: Nie! – Herr Magnitelli: Warum? – Albinia Maulwurf: Na soll ich life dabei sein, soll ich mir das angucken, wie Sie den armen Kerl, diesen Obdachlosen da, erniedrigen und vergewaltigen? Ich hab ein gutes Herz, verstehen Sie, ich könnt‘ mir das nicht angucken! Ich müßte einschreiten, oder ich könnt‘ mir nie wieder selbst ins Gesicht gucken! – Herr Magnitelli: Albinia, was halten Sie von Leuten, Kindern, die den ganzen Tag nicht vor dem Fernseher, sondern dem Computer sitzen? – Albinia Maulwurf: Nichts. – Herr Magnitelli: Nichts? – Albinia Maulwurf: Das ist gefährlich, das ist so was von einer menschlichen Verarmung, sag ich Ihnen .. – Herr Magnitelli: Danke, Albinia, vielen Dank … – Für Sie, liebe Albinia, und auch für Sie, meine Damen und Herren, darf ich nun einen Kinderchor ganz besonderer Art ankündigen .. Meine Damen und Herren, hier sind: The Compu – Kids! –

9 (The Compu – Kids): Auftritt des Chores. Die Kids sind angezogen wie Schüler, die ihren letzten Schultag feiern. Sie sind bewaffnet, tragen Sprengstoff mit sich. – The Compu – Kids (zur Melodie von: „Wenn Mutti früh zur Arbeit geht ..“):- Wenn Mutti früh zur Arbeit geht, dann bleibe ich zu Haus, / denn das weiß die Mutti nicht, aus der Schule flog ich raus // Ich setz mich dann an den PC, denn der bildet auch / dem Lehrer im Computerspiel hau ich auf den Bauch // Solange bis der Kopf abfällt, das bringt ‘nen Bonuspunkt, / danach kommen die Schüler dran, da gibt’s so richtig Stunk // Die Streberleichen knall ich ab, da paß ich auf wie nie / der Feind lauert stets überall – ein Spiel mit Strategie // Die toten Körper eß ich auf, das bringt mir Energie denn Töten verbraucht sehr viel Kraft – ein Spiel mit Fantasie // Im letzten Level geht es ab, die Schule wird vermint / die Explosion wird riesengroß, das hab ich mir verdient // Im Finale kämpfe ich dann gegen den Direktor / ich mach mir nicht die Hände schmutzig, das macht mein Hund Hektor // Und morgen hab ich richtig Spaß, dann spiel ich das Spiel nach / mit Vatis neu‘m Maschinengewehr mach in ‚‘ne Menge Krach // Dann merkt meine Umwelt mal, was alles in mir steckt, / das hat sie bisher nämlich nicht, drum wird sie jetzt erschreckt

10 (Au): Herr Magnitelli tritt auf mit Drohgebärden gegen Regisseur Einstein. Setzt sich, steht mehrmals wieder auf, um Drohgebärden zu machen. – Schließlich sitzt Herr Magnitelli friedlich auf der Bank und liest Zeitung. Man hört eine Biene summen. Herr Magnitelli senkt seine Zeitung und schaut sich suchend um, bemerkt aber kein Insekt. Er liest weiter. Die Biene summt. Herr Magnitelli legt die Zeitung zur Seite, steht auf und sucht, findet aber nichts. Er setzt sich und liest. Summen. Herr Magnitelli liest weiter. Summen. Herr Magnitelli holt ein Glas Honig aus seiner Tasche, schraubt es auf, und stellt es sich neben sich auf die Bank. Er wartet. Kein Ton. Er liest. Kein Ton. Er beobachtet das Glas. Kein Ton. Er schraubt das Glas zu, packt es wieder ein und wartet. Kein Ton. Er nimmt die Zeitung und liest. Kein Ton. Er legt die Zeitung weg und wartet lauschend. Kein Ton. Herr Magnitelli nimmt die Zeitung liest, springt auf und schreit „Au!“Ab mit Drohgebärden gegen Regisseur Einstein.

11 (Geehrt): – Die vier Klohns. – Stehn. Schaun vor sich hin. Schaun dann auf, sehr freundlich. – Frau Merkel: Herr Möllemann! – Herr Möllemann: Frau Merkel! – Herr Schröder: Frau Fischer! Sie auch! Ich hätte nie … – Frau Fischer: .. gedacht, daß die olle Gesundheitsministerin so gut ankommt in Ihrem Ministerium und im Fernsehen? – Herr Schröder: Ehrlich gesagt, ja. – Frau Merkel: Jaja, Herr Bundeskanzler, Ihre Bescheidenheit! – Sie haben den höchsten Bonus beim deutschen Publikum seit Sie aussehen wie ein Clown! Punktzahl 75! – Herr Schröder: Jawohl! Und was haben wir uns noch vor einer Woche für Sorgen gemacht! – Schaun sich gegenseitig an mit ihren Clownsgesichtern. – Frau Merkel: Und sind jetzt die Top-Lieblinge des deutschen Fernsehens! – Herr Mölle­mann: (zu Frau Merkel) Wieviel Punkte haben Sie? – Frau Merkel: 49. – Herr Möllemann: nickt ergeben – Herr Schröder: Und Sie? – Herr Möllemann: Zwei. – Frau Fischer: Oh, das tut mir leid. Aber das liegt an der Veranstaltung, die Sie gewählt haben. – Herr Möllemann: Wie das? – Frau Fischer: Fallschirmspringen. Interview beim Fallschirmspringen. Das dauert nur zwei Minuten. – Ich bin aufgetreten auf der Veranstaltung „Warum abgelehnte Asylbewerber ärztlich nicht mehr versorgt werden sollten“, davon sind genau 16 Minuten im Fernsehen gesendet worden, und raten Sie mal, wieviel Punkte ich habe? – Frau Merkel: 16. – Frau Fischer: Gratulation, meine Beste! Jawohl, 16 Punkte im Wettbewerb „Bester Entertainerin im deutschen Fernsehen“ – das ist doch nicht schlecht! Vorige Woche dachten wir noch, Sie jagen uns davon, so wie wir aussehen! – Frau Merkel: Und meine 49 Punkte sind 49 Sendeminuten „Spagat im Altkanzler-Salat! Ist ja nicht zu fassen! – Herr Schröder: Immerhin, Sie haben die Massen unterhalten! – Herr Möllemann: (klatscht Frau Fischer zu) Und Sie! – Frau Merkel (klatscht Herrn Schröder zu) Und Sie erst! – Schaun sich gegenseitig an mit ihren Clownsgesichtern. Schließlich: – Frau Merkel: Von wo hat man 75 Minuten über Sie berichtet, Herr Bundeskanzler? – Herr Schröder: Einweihung des neuen Holocaust-Denkmals. – Schweigen. Schließlich: – Frau Mer­kel: Aber das gar keiner mehr auf die Inhalte guckt! – Herr Schröder: „Keiner“ ist gut … „Keiner“ ist vielleicht genau richtig … – Frau Merkel: Wie meinen Sie das, Herr Bundeskanzler? – Herr Schröder: (braust auf) Sagen Sie nicht immer, Herr Bundeskanzler zu mir! Ich bin’s nicht! Ich bin sein Klon! Den Bundeskanzler gibt’s nicht mehr! Und vielleicht gibt‘s den Fernsehzuschauer .. auch nicht mehr …  – Frau Fischer: Sie meinen .. (entsetzt) Nein! – Herr Schröder: Doch, doch! – Herr Möllemann: Geklont? – Herr Schrö­der: (Blick ins Publikum) Geklont, alle geklont! – Frau Fischer: (forschender Blick ins Publikum) Und die Originale verloren? – Herr Schröder: Verloren! – Herr Möllemann: (forschender Blick ins Publikum) Tatsächlich! Die sind ja alle so gut drauf wie ich! Das glaub ich nicht!

12 (Multiple Persönlichkeit): Lady Saxonia: Gut drauf, das ist mein Stichwort! Ja, gut drauf, das bin ich! Nein, bleiben Sie da! Reißen Sie nicht aus, bleiben Sie sitzen! Sie müssen nichts kaufen, wenn Sie nicht wollen! Guten Tag erst einmal! Nein, wirklich, auch wenn Sie das jetzt bezweifeln, dieser Tag wird noch gut werden! Glauben ’se mir’s! Positiv denken! Immerhin haben Sie mich getroffen! Und das es mich gibt, ist ein Riesenglück für Sie! Ich hab da nämlich ein ganz tolles Angebot! Nein, bleiben Sie da, bleiben Sie sitzen! Keine Hometrainer oder Küchengeräte! Nein, ich habe etwas, das Sie wirklich brauchen! Was kein anderer außer mir hat und .. worum Sie jeder Ihrer besten Freunde und Feinde beneiden wird, wenn Sie es haben! Aber dafür müssen Sie es erst mal haben wollen! Wollen Sie es haben? He, Sie sind clever, Sie denken, wenn Sie jetzt Ja brüllen, müssen Sie es nachher auch bezahlen! He, man! Nicht so ängstlich! Ich bin eine von den Guten! Sie können mir vertrauen! Vertrauen Sie mir? – Ah, ich merke schon, wir müssen noch einiges lernen! Aber das ist gar kein Problem! Dafür bin ich jetzt da! Sie sind wirklich Glückspilze! Nun entspannen Sie sich erstmal und suchen nicht bei jedem Satz, den ich äußere, den Haken! Mein Angebot, und das kann ich Ihnen mit 99%iger Sicherheit garantieren, ist hakenfrei! Das eine Prozent behalte ich mir als Provision ein. Man will ja schließlich auch leben. Aber bleiben Sie ganz ruhig, jetzt wissen Sie ja Bescheid. Ich bin ein ehrlicher Mensch. Und wissen Sie, warum ich es mir leisten kann, ehrlich zu sein? Weil ich nicht so bin wie Sie. Ich vertraue Ihnen. Und darum sage ich Ihnen auch ganz ehrlich, daß Sie es furchtbar bereuen werden, wenn Sie heute nicht auf mein Angebot eingehen, denn so ein Angebot macht Ihnen keiner ein zweites Mal! Glauben Sie mir, so viele ehrliche Menschen gibt es nicht! Und Sie haben wirklich Schwein, daß Sie heute hier sind, und mich getroffen haben. Ja, schauen Sie genau hin, vielleicht sehen Sie es nie wieder, aber so sieht ein ehrlicher Mensch aus. Doch genug von mir, kommen wir zu Ihnen. Was Sie brauchen – lassen Sie mich das hier in aller Bescheidenheit sagen – ist eine Rundumerneuerung. Fangen wir mit Ihrer Ehrlichkeit an. Wir machen jetzt eine kleine Übung. Atmen Sie tief durch und hören Sie noch tiefer in sich hinein. Ganz tief. Halt, so tief nun auch wieder nicht. Beantworten Sie mir nun die folgende Frage wahrheitsgemäß. Welcher von den folgenden 27 Menschen möchten Sie im Jahr 2002 frei und fließend sein können? Der Ehrliche? Der Vertraute? Der Clevere? Der Alte? Der Fahnder? Der Trinker? Der Schöne? Der Düstere? Der Intellektuelle? Der Coole? Der Schwule? Der Liebe? Der kleine Prinz? Der Gestreßte? Der Overdressede? Der Freie? Der Highlander? Der Lebendige? Der Todmacher? Der Sportliche? Der eingebildete Kranke? Der King lebt? Der Wirtschaftliche? Der Landarzt? Der Rasenmähermann? Der mit dem Wolf tanzt? Oder vielleicht der, der Sie schon immer mal sein wollten, aber nie sich trauten zu sein? – Halt! Psst! Ganz ruhig! Nichts sagen! Ich vertraue Ihnen! Merken Sie sich ganz einfach das, was Sie mir jetzt anvertrauen wollten. Merken! Ja, das ist jetzt ein bißchen anstrengend, aber ein wenig müssen Sie schon tun für Ihr Glück! So, und nun? Ich könnte jetzt gehen, und Sie mit Ihrem Herzenswunsch, ein neuer Mensch zu werden, allein lassen. Aber ich bin nicht nur voller Vertrauen und absolut ehrlich. Nein! Ich bin auch noch wahnsinnig nett und sage, was Sie tun müssen, um das zu sein, was Sie sein möchten! Dafür erwarte ich keinen Dank. Nein. Nur einen kleinen Scheck im Wert von 879,95 Euro. Gedeckt, versteht sich. Wegen der Ehrlichkeit und dem unendlichen Vertrauen, das ich Ihnen entgegenbringe. So, und mit welcher „Erkenne Dich selbst Compact Disk“ darf ich Ihnen beweisen, daß Sie der sein könnten, der Sie sein können? Mit Hilfe der CD können Sie schon nach 30 Minuten mittels des Behaviormat beginnen – zum Beispiel als „Der Alte“ – einfache Verhaltensmuster auszuführen. Und wenn Sie noch heute alle 27 CD’s bestellen, gibt es kostenlos die Kassette „Multiple Persönlichkeit – wie gehe ich damit um“ dazu. Schönen Tag noch. Und Danke für Ihr Vertrauen.

13 (Auto Crash): Der nicht mehr ganz nüchterne Herr Magnitelli sitzt wieder auf der Bank und liest Zeitung. Man hört einen Auto-Crash. Herr Magnitelli fährt zusammen und schaut sich um. Er kann aber nichts entdecken. Herr Magnitelli liest weiter. Man hört erneut einen Auto-Crash. Herr Magnitelli schaut, sieht nichts und liest weiter. Man hört einen Auto-Crash. Herr Magnitelli steht auf und schaut sich um, sieht nichts und liest weiter. Auto-Crash. Herr Magnitelli bleibt ignorant. Wieder: Auto-Crash. Herr Magnitelli senkt die Zeitung, schüttelt den Kopf und sagt: Nein, Einstein, diesmal falle ich nicht darauf herein! Er liest weiter. Zwei ferngesteuerte Spielzeugautos kommen jeweils von links und rechts (synchron zum Anfahrtston bis zum Crash): Auto Crash.

14 (Rotes Telefon): Herr Magnitelli leicht schwankend ab mit Whiskey­flasche. Das Telefon klingelt. Herr Magnitelli macht kehrt. – Herr Magnitelli (indem er die Whiskeyflasche betrachtet): Es ist an der Zeit, daß ich ein paar Worte zu diesem Requisit hier verliere. Meine ist’s nicht, sondern Eisenstein seine ist’s .. seine Schuld .. Schuldig, sage ich, dieser Eisenstein, daß ich allmählich lustig werde .. – (auf einen imaginären Zuruf aus dem Publikum) Wie .. ? Einstein? – Einstein soll der heißen .. ? Einstein .. ? War der Regisseur? Was hast’n Du in Physik gehabt, he? – (zum Regisseur) He, wie heißt Du?! –Eisenstein?! Na also! – Also Eisenstein seine ist’s .. Seine Schuld, seine Buddel .. Weil der mich diese blöden Nummern hier mit der Bank und mit der Zeitung spielen läßt .. Wo ich den Sinn nicht erkenne .. Ham Sie schon mal was machen müssen, wo Sie den Sinn nicht begriffen haben? Was total Sinnloses? Also da gibt’s eine Korrelation .. Mit dem Alkoholkonsum .. (blickt ins Publikum) Und damit hat sich die Frage total beantwortet .. Sie ham’s gemacht! .. Sie machen’s grade! Denn wo soll der Sinn sein, daß Sie so viele Bier in sich reinschütten, he?! (während der ganzen Zeit hat das Telefon geklingelt; Herr Magnitelli nimmt ab) – Direktor Magnitelli .. Wer? – Wer ist dort? – (steht stramm) Hi, Herr undeskanzler! .. Ja, Direktor Magnitelli hier .. Ja, ich hör .. – Halt! halt! halt! Halt mal! (verliert sein Hab-acht-Stellung) Den Bundeskanzler gibt’s ja gar nicht! Es gibt nur einen Clown, der so aussieht wie der Bundeskanzler! Siiiiieeee …! Wenn Sie mich noch mal … ! (Hört ins Telefon, steht stramm) Jawohl! (zum Publikum) Der hat ein Organ! – Jawohl! Wir sind, was wir scheinen! Da ist es vollkommen egal, ob wir Klon sind oder Clown! Jawohl! Die Frage nach dem Original stellt sich dann gar nicht mehr! Jawohl! Jawohl, Herr Bundeskanzler, Ihr Innenminister hat recht, meine Ansagen hier beschäftigen sich zu sehr mit Rechtsradikalismus und Ausländerunfreundlichkeit – (beiseite) „Ausländerunfreundlichkeit“!, das klingt wie: Nordkorea ist unser Unfreund! – Jawohl, Herr Bundeskanzler! Jawohl, Sie hätten gern, daß wir was zur Arbeitslosigkeit machen! Jawohl, wird gemacht, Herr Bundeskanzler! Jawohl .. Schöne Grüße an die .. nach Berlin, ja .. ! – (Legt auf) Uii! – Wir sollen was zur Arbeitslosigkeit machen. Was soll man da schon machen. Für 15 %. Der Bevölkerung. Das bringt doch nix. – Aber wie der Schröder mich zusammengepfiffen hat! Uii! Das denkt man gar nicht, wenn man den so sieht. Im Fernsehen. Daß der das kann. Aber das kann der! – Obwohl – der ist aufgeregt! Ham’se den mal gesehn? ich mein – die Hände?! Also, da ist die Kamera mal ‘n Stück runtergefahren .. also so: Die Hände! (macht nach: nervöses Fingerreiben, wackeln, Unruhe) und oben .. (macht stillgelegtes Gesicht, spricht im Duktus Schröders) „Meine Botschaft zur Frage der Ausländerunfreundlichkeit an die Bürgerinnen und Bürger ist .. „ – Also, wenn Sie mich fragen .. der spielt sich .. der spielt die Ruhe .. Der ist gar nicht ruhig. Der ist gar nicht Schröder. Also ich mein jetzt: Das Marketingprodukt Schröder. Das ist der nicht! – Und wissen Sie, woran das liegt? An der Demokratie! Da ist einer erst Bauarbeiter und dann Bundeskanzler. Der wird den Bauarbeiter nie los! Und nun stelln Sie sich mal dagegen so’n Südseehäuptling vor! Mit sei’m dicken Bauch auf seiner Bastmatte vor seiner Schilfhütte! „Die Bundesregierung ist abzuzocken! Frau Meyer-Lüdenberg aus Bielefeld, die gerade ihren Tauchurlaub verbringt, als Geisel nehmen und Lösegeld verlangen!“ Das wird gemacht, sag ich Ihnen! Das ist Autorität! Und wissen Sie woher das kommt? Weil – dieser Mensch wird schon als Häuptling geboren! Ja, was nu? Zurück zur Monarchie? Geht nich ..  Bei dem Adel! Wer soll da den König machen? Ernst August? – Ja, was nu! – Da hab ich ein‘ Vorschlag: Wir wählen den nächsten Kanzler pränatal! – Pränatal, ja .. Nach Vorbild! – Ja na klar geklont .. –Das heißt, die Mutter muß gewählt werden .. Möllemann, Merkel .. – Die kennt man ja schon .. – Oje, ich seh ihre bedenklichen Mienen .. Sie ham was gegen das Klonen, wie? – Also, da muß ich nun mal die entscheidende Frage stellen: Woher wissen Sie denn, daß Sie nicht geklont sind? Ich mein‘ jetzt nicht Sie da oder Sie da .. Nein, ich mein Sie insgesamt .. Als Publikum .. Ja, in der Zusammensetzung, wie Sie da sitzen .. Ja, Sie da neben diesem Claudia-Schiffer-Verschnitt .. Sie beide zusammen mit allen anderen .. Sie sind, so wie sie sind, geklont .. als Publikum .. In Wahrheit sitzen Sie gar nicht hier .. ich mein, als Original sitzen Sie nicht hier .. Sie sind – definitiv! – nicht das Original! Das sitzt bei Arabella Kiesbauer .. Wir haben Sie nur mal kurz geklont, ja .. Weil das Publikum dort so einfach ist .. so einfach .. strukturiert .. als Masse ja .. gibt Mengenrabatt .. – ja, das woll`n Sie nicht wahrhaben wie .. Sie wollen ein anderes Publikum sein, wie .. Sie kennen die gar nich, die bei Arabella, wie .. – Da fällt mir ‘n schönes Lied ein .. „Lied der Geklonten“ oder „Das Lied von Dolly“ … Woll‘n wir mal singen, ja ..

15 (Dolly): Das Ensemble kommt auf die Bühne, als Schafe verkleidet. – Dolly-Song  – Das Ensemble auf der Bühne, als Schafe verkleidet. – The Dollies (nach der Melodie von „Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht): Ich kenn Dich nicht, Du kennst mich nicht, Mäh mäh mäh … (è noch zu schreiben ..) ……. Herr Magnitelli (zum Publikum): Und alle!

16 (Die letzten Originale): Er­na: Ich höre Sie, Herr Direktor .. – Sie fragen, was ich hier tue? – Herr Magnitelli: Ja, was tun Sie da, Erna? – Erna. Ich mach was zur Arbeitslosigkeit, Herr Direktor .. – Herr Magnitelli: Das ist schön, Erna .. – Warum gucken Sie nach oben? – Erna: Weil ich nur so bis auf die Bergspitze gucken kann. Er­misch-Holzau liegt nämlich im Gebirge. Und die dort den Berg hinaufziehen, das sind die letzten Originale. So heißen die, ja. Meine Arbeitgeber. Ja, ich mache bei denen die Bude sauber. Was heißt hier Bude, ‘n Keller ist das, aber vom feinsten. Schaun sie sich nur um. Kann man heutzutage über Versandhaus beziehen, so was, Rubrik Hobby und Freizeit. Erinnert Sie eher an‘ Puff oder ‘n Sado-Maso-Shop? Ja, da liegen Sie ganz richtig. Befreiung des Menschen aus dem Menschen. Des richtigen aus dem falschen. Des Originals aus dem Klon. Des ursprünglichen Menschen aus dem nachher gemachten. – Aber ich sehe schon, das langweilt sie. Ihre Gedanken sind schon wo ganz anders. Jaja, so’n kleines Bordellchen .. Wolln Sie jetzt wissen, ob ich dabei bin, wenn die .. – Ja, bin ich. Da hinterm Vorhang. In der Besenkammer. Wolln Sie jetzt paar Einzelheiten hörn? Sag ich Ihnen aber nich. Könn‘ Sie selber machen. Sich das vorstellen. Wissen Sie was, das machen wir jetzt mal. Sie machen die Augen zu, und stelln sich so’ne Obszönität mal vor. Machen Sie ja? Hände in Nacken! Alle! So, alle Augen zu? Wunderbar. (Pause). Mein Gott, Sie aber auch, Sie da, Sie, ja .. jöjöjöjö! Also das stellt ja alles in den Schatten! Das stellt sogar die letzten Originale in den Schatten! Und was das für Ferkel schon sind! Naja, Befreiung .. Rückkehr zum Original .. ‘n großes Ziel nicht wahr, und nicht mehr viel Zeit, es zu erreichen. Wegen dem Weltuntergang, nich .. Weltuntergang, ja. – 19. Januar 2001, 21.46 Uhr. Heute, ja. Weil es keine Originale mehr gibt. Das hat der direkt von oben, der .. Apollo. Apollo, ja .. Der Chef. Walther Schulze mit Namen. War früher Schuster in Ermisch-Holzau, hier in dem Keller .. Dann Chef der SDP, aber das ging nicht lange .. Der war zu – wie soll ich sagen – fundamentalistisch .. Zu lange in dem Keller hier  .. So alt wie ich, der Apollo, ja .. Sind zusammen in die Schule gegangen .. Ja, ich kenn den. Kenn sie alle, die letzten Originale .. Is ja nich groß hier der Ort, so 800 Einwohner .. – Ja, und jetzt sind sie oben. Auf dem Berg. Stehn auf dem Kamm, im Scheinwerferlicht von der Baustelle unten, wo sie das Freizeitbad bauen. Wie spät? 21.44 Uhr? Noch 2 Minuten. Glauben Sie, das die Welt jetzt untergeht? Nur weil es keine Originale mehr gibt? – Also ich weiß nicht, was ich mir wünschen soll. Wenn das nischt wird mit dem Weltuntergang – der arme Walther! Dann is dem alles schiefgegangen im Leben. Dann muß der unverrichteter Dinge umkehren. Und was soll der dann machen, he? Als Apollo isses vorbei. Schuster is schon lange nich mehr. Und der neue Mensch, der sexuell befreite, ursprüngliche, das Original, naja, ich werd ich Ihnen ja nich sagen, was ich hier gesehen habe .. ! – Ja, wir sind alle irgendwie so’n Aufguß. Irgendwie nachgemacht. Bring nischt mehr zustande. – So, jetzt isses Siebenundvierzig. 21.47 Uhr. Na, da will ich mal das Klo schrubben gehen.

17 (Boss): Herr Magnitelli: (kann sich nur noch schwer auf den Beinen halten, trinkt) Danke Erna, und … viel Spaß! – So, Leute, jetzt kommt unsre Schröder-Runde! Bitte, Herr Bullauf! – Herr Bullauf: So Leute, ich stelle Mitarbeiter ein. Aber – wer bei mir arbeiten will, muß belastbar sein. Also: Gesundheitszeugnis und Jahreskarte vom Fitness-Studio. Und wegen der emotionalen Belastbarkeit: Freigabe vom Psychiater. Zusätzliche Qualifikation: Sterilisation oder Kastration, dazu entfernter Blinddarm und eventuell Gallenblase. Hören Sie auf zu jammern, glauben Sie mir, je weniger Ballast Sie mit sich rumschleppen, desto flexibler sind Sie. Und außerdem: Ich jammere ja auch nicht. Was soll das heißen, ich habe ja auch keinen Grund dazu? Ihr wißt wohl nicht, wie lang die Lieferzeiten bei BMW und Mercedes sind? Na also! Ach ja, eine Bescheinigung von ihrer Gewerkschaft brauche ich natürlich auch. Sie sind keine Mitglieder? Das meine ich doch! Genau das sollte in ihrer Bescheinigung stehen. Dazu kommen natürlich die üblichen Anforderungen, wie: Sehr gute Ausbildung, zusätzliche Qualifikation durch kontinuierliche Weiterbildung. Ungebundene sind natürlich im Vorteil. Ich weiß, das klingt hart, dafür biete ich aber auch Unterkunft und Verpflegung. Für die Unterkunft stehen ehemalige Fabrikhallen zur Verfügung. Sie brauchen nur noch das Stroh für Ihre Schlafsäcke mitzubringen. Stellen Sie sich auch bitte darauf ein, daß Sie Ihre Verpflegung selbst fangen. Nein, Vegetarier, kommen nicht in Frage, soviel ich weiß, zählen Mäuse und Ratten nicht zu den Pflanzen. Wie bitte? Das sind ungewöhnliche Bedingungen für einen 520-Mark-Job? Da haben Sie aber was mißverstanden. Ich vergebe keine 520-Mark-Jobs. Ich vergebe 520 Jobs zu einer Mark! Brutto! – Ab. –

18 (Lotterie): Erna kommt. – Herr magnitelli: (betrunken) Erna! – Erna: Die letzten Originale haben sich in alle Welt zerstreut. Es gibt sie nicht mehr .. – Herr magnitelli: Nein, Erna ..! – Erna: Und Sie, Herr Direktor, Sie sind .. – Herr magnitelli: Ich muß die nächste Nummer ansagen, Erna .. – Meine Damen und Herren, Sie sehen, Herrn Gerhard Bullauf und Erna in: „Lotterie“! – Betrunken ab. – Bullauf tritt auf. – Bullauf: Aha, Sie sind das also, die bei der Lotterie im Arbeitsamt ein Vorstellungsgespräch bei uns gewonnen hat. – Erna: Ja. Bullauf: Na, dann zeigen Sie mal Ihre Unterlagen. (blättert) Donnerwetter, 20 zusätzliche Kurse, brav, brav .. (Schnauzt plötzlich los) Sitzen Sie gefälligst gerade! – Erna: zuckt zusammen und setzt sich gerade hin. – Bullauf: blättert weiter Wo ist Ihr Gesundheitszeugnis? – Erna: Ich wußte nicht, daß ich als Putze eins brauche. – Bullauf: Natürlich brauchen Sie eins, wie sollen wir denn  sonst wissen, wie belastbar Sie sind? Schreit los. Stehen Sie auf! – Erna: Steht auf. – Bullauf: Drehen Sie sich! – Erna: Dreht sich. Bullauf: Okay, nun bellen Sie mal! – Erna: Wie bitte? – Bullauf: Bellen! Wau wau! – Erna: Nee, mach ich nicht. – Bullauf: Na gut, dann eben miauen. – Erna: Nee, mach ich auch nicht. – Bullauf: Wiehern? – Erna: Nee! Was soll das überhaupt? – Bullauf: Das war ein Test, haben Sie das nicht gemerkt? – Erna: Achso, und wie habe ich abgeschnitten? – Bullauf: Moment. Dreikommaneun. – Erna: Ist das gut oder schlecht? – Bullauf: Keine Ahnung. – Erna: Ja, krieg ich nu den Job? – Bullauf: Welchen Job? Jobs vergeben wir schon seit Jahren keine mehr.

19 (Mobbing): Lady Bavaria: Grade haben Sie gehört, wie Sie einen Job kriegen, oder auch nicht. Bei mir lernen Sie jetzt, wie Sie ihn auch behalten. Machen Sie’s wie ich: Seien Sie mitfühlend und fürsorglich zu ihren Kollegen und zum Chef. Und – behalten Sie immer das Wohl der Firma im Auge. Ich erzähle Ihnen mal ein Beispiel. Da kommt also eine Neue in die Firma, direkt von der Universität.  Die dachte, die kann alles und weiß alles. Na gut, die konnte viel und wußte viel, stimmt, aber muß man denn so damit angeben? Die hat sich um jeden Auftrag gerissen, besonders wenn er vom Chef persönlich kam. Die war wie ein Kind, das Selbstbestätigung braucht. Da hab ich ihr halt zusätzlich Arbeit gegeben, damit sie sich noch mehr beweisen konnte. Gut, bei uns werden Überstunden nicht bezahlt, aber fürsorglich, wie ich bin, dachte ich, die Erfolgserlebnisse tun ihr gut .. Nur leider fing sie dann an zu schusseln. Das hat sogar der Boss gemerkt. Mit meiner Hilfe, natürlich. Die hat sogar die Mittagpausen durchgearbeitete, nur mit ‘ner Tasse Kaffee neben sich. Leider ist dann mal die Kaffeetasse umgefallen und die Brühe ist in die Computertasten gelaufen. Und das gerade, wo der Chef reinkam. Ich wollte sie ja noch warnen, aber als sie dann anfing, mich zu beschuldigen, dachte ich: Was soll’s. Und dann noch die Sache mit der Verwechslung von Reißwolf und Kopierer – peinlich, peinlich. Ich bin sicher, ich hatte ihr das richtig erklärt. Ich habe gehört, sie macht jetzt eine Umschulung. Die, die dann kam, die war nicht so übertrieben arbeitsam. Bloß – beim Chef hat die beinahe mehr Zeit verbracht als die alte. Ihm nehm ich’s ja nicht übel, sie sah ja wirklich gut aus. So ‘ne Mischung aus Claudia Schiffer und Dolly Buster. Und jünger als ich war sie auch. – Ich fing schon beinahe an, mir um den Chef Sorgen zu machen. Das hab ich auch seiner Frau erklärt, als die mal im Büro anrief. Ich sagte ihr, ich könne sie nicht durchstellen, er diktiert der Neuen schon seit einer Stunde. Da hat’s dann nicht lange gedauert, da kam Mrs. Boss persönlich vorbei. Was soll ich Ihnen sagen? Ich bin noch bei der Firma. Böse Zungen behaupten, das wär Mobbing, dabei hab ich nur das Wohl der Firma im Auge. Und außerdem – ich finde nicht, das Mobbing was Schlimmes ist, im Gegenteil – Mobbing ist die schönste Art der Selbstbefriedigung.

20 (Pflegeversicherung 1): Herr Magnitelli, betrunken. – Herr Magnitelli: Meine Damen und Herren, sehen Sie nun Lady Bavaria zu Hause .. – Ab. – Oma sitz im Stuhl, Lady Bavaria füttert sie mit Brei. Es klingelt. – Lady Bavaria: Das ist der Arzt, Oma – denk dran: nicht so lebhaft, wir brauchen das Geld. – Arzt: Guten Tag, Frau Bavaria. – Na Oma, wie geht’s uns denn, wieder zu lange auf Mallorca gewesen? – Oma: (Grunzlaute) – Arzt untersucht Oma, registriert Sprechäußerung, Blutdruck (260 / 130), Puls (200), Handbeweglichkeit, Kniereflex. – Mit Verzögerung tritt Oma den Arzt ans Bein. – Arzt: Also, liebe Frau Bavaria, Sie können sich freuen, der Oma geht’s gut, alles funktioniert – ich kann Ihnen keine Pflegebescheinigung ausstellen. – Zum Publikum – Die hat wohl gedacht, sie kann mich reinlegen – aber nicht mit mir! Ich habe bei der Kassenärztlichen Vereinigung den Kurs besucht: Versicherungsbetrug – leicht durchschaut.

21 (Pflegeversicherung 2):  Herr Magnitelli, betrunken. – Herr Magnitelli: Meine Damen und Herren, sehen Sie nun noch einmal Lady Bavaria zu Hause .. – Ab. – Oma sitz im Stuhl, Lady Bavaria schminkt sie: Rouge, Lidschatten. – Lady Bavaria: So, Oma, jetzt machen wir dich ein bißchen frisch. – Es klingelt. – Lady Bavaria: Guten Tag, Herr Doktor! Ach, der Oma geht’s gar nicht gut, jetzt muß ich sie schon vom Bett zum Stuhl tragen, essen tut sie auch nicht mehr. – Arzt: Guten Tag, Frau Bavaria! Ihre Mutter hat wohl zu lange in der Sonne gelegen? – Na, Oma, wie geht’s uns denn? – Oma: (Keine Reaktion) – Arzt untersucht Oma, registriert Sprechäußerung, Blutdruck (260 / 130), Puls (200), Handbeweglichkeit, Kniereflex. – Arzt: Tja, Frau Bavaria – so leid es mir tut, aber ich muß Ihnen für die Oma 100 % Pflegebedürftigkeit bescheinigen. – Arzt geht ab. – Lady Bavaria zum Publikum: In der Zwischenzeit habe ich auch einen Kurs besucht: Pflegeversicherung leicht gemacht. Es hatte nur einen Nachteil: Wir mußten uns eine geräumige Tiefkühltruhe anschaffen.

22 (Traurigkeit der Klons): Von den Klohns Herr Schröder und Frau Fischer. Traurig. – Herr Schröder: Nicht gut drauf heute, wie? – Frau Fischer: Nee. – Herr Schröder: Auch nachgefragt in … – Frau Fischer: .. Okinawa .. – Herr Schröder: Ja. – Frau Fischer: Nichts. Frau Fischer, ich, das Original, die Gesundheitsministerin .. unwiderruflich weg. – Herr Schröder: Fragen Sie mich erst gar nicht. – Frau Fischer: Ich frag Sie erst gar nicht. – Herr Schröder: Gerhard Schröder in Los Alamos – unwiederbringlich hinüber. Was bleibt ist … (schaut deprimiert an sich runter) .. – Frau Fischer: .. die sprichwörtliche Traurigkeit der Klohns .. Keiner kennt ihn, wie er wirklich ist .. Niemand weiß, wo er ist .. Nicht mal er selber .. – Herr Schröder: (verzweifelt, emphatisch) Gerhard, wo bist du? – Auftritt Herr Möllemann. – Herr Mölle­mann (strahlend): Was wollen Sie zuerst hören: Die gute Nachricht oder die schlechte? – Frau Fischer: Die schlechte wissen wir schon. – Herr Schröder: Es gibt Sie nicht mehr, Herr Möllemann. Es wird Sie nie wieder geben. Was ich da sehe, ist … Was jeder sieht, ist .. – Frau Fischer: .. ein Klohn. – Herr Möl­­le­mann: Und nun die gute Nachricht: Die anderen sind auch nicht besser! – Frau Fischer: Wie? – Herr Möllemann: Es gibt sie auch nicht! – Herr Schröder: Wie? – Herr Möllemann: Geklont. Alle geklont. Es gibt überhaupt keine Originale mehr, außer irgendwo im Busch bei Nairobi. Aber da kommt keiner ran. – Herr Schröder: Keine Originale mehr? Da müßten alle so traurig sein wie wir. – Herr Möllemann: Sind Sie auch. Auch wenn Sie es nicht zeigen. Aber man sieht es, wenn man sich in die Augen guckt. (zum Publikum) Gucken Sie sich mal in die Augen! – Stimmt es? – Es stimmt. Diese abgrundtiefe Traurigkeit. – Die Stimmung am Tiefpunkt. Auftritt Frau Merkel. – Frau Merkel: Was wollen Sie zuerst hören: Die gute Nachricht oder die schlechte? – Frau Fischer: Die eine schlechte wissen wir schon. – Herr Schröder: Und die andere auch. – Frau Merkel: Die ganze Menschheit ist geklont. – Herr Schröder: Das ist die schlechte Nachricht. – Frau Fischer: Die für Herrn Möllemann eine gute ist. – Frau Merkel: Und jetzt kommt die wirklich gute. – Herr Schröder: Und die wäre? – Frau Merkel:  Ein Baby. Ein Baby ist echt. – Pause. Sie gucken Frau Merkel an. – Frau Merkel:  Ist echt .. Auch wenn die Mutter, die Eltern .. irgendwie gelinkt sind … – Pause. Sie gucken Frau Merkel an. – Frau Merkel:  Hab ich aus Tibet .. In Tula war eh keine Hoffnung, das ich mich wiederfind .. Bin ich also nach Tibet .. Zum Dalai Lama … – Frau Fischer: Zum Dalai Lama! – Frau Merkel: Sie finden sich selbst, sagt er, in ihrem Kind wieder. – Pause. Sie gucken Frau Merkel an. – Frau Merkel:  Was ist nu? Wer macht den Vater? – Frau Fischer schleicht von der Bühne. – Herr Schröder und Herr Möllemann schauen Frau Merkel an. Schleichen sich ebenfalls von der Bühne. – Auftritt Herr Magnitelli. – Herr Magnitelli: (völlig betrunken) Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen nun die nächste .. (bemerkt Frau Merkel) – Frau Merkel! Sie noch .. – Frau Merkel: (packt ihn) Kommen Sie .. – Ab.

23 (Herr Magnitelli als Clown): Das Orchester (Querflöte, Klavier) spielt Je t’aime. – Auftritt Herr Magnitelli mit offener Hose und Kreuzschmerzen. – Herr Magnitelli: Kennen Sie das berühmte Gedicht .. ? Von Brecht .. ? „Wie fickt man einen Klohn ..“ ? – Also, werde ich Ihnen jetzt nicht rezitieren. Müssen Sie mal lesen. Bertolt Brecht, Gedichte über die Liebe, Aufbau-Verlag, 1980. Gibt’s in jeder Bibliothek. – „Wie fickt man einen Klohn ..“  – Wenn Sie es jetzt noch nicht wissen, danach wissen Sie’s. – So wir kommen jetzt langsam zum Ende, mal sehen (bedrohliches Schwanken), ob ich das noch durchhalt bis dahin .. – Ja, kommen wir jetzt zur nächsten .. – Achso, ja, das spiele ich .. – „Der traurige Clown“ .. Ist von Eisenstein so vorgesehen .. wegen diesem Satz hier (hat ein Papier) .. Now it’s time to drink … ! – Nehmen wir die Nummer ans Ende des Programms, hat er gesagt, da kannst Du die machen .. (Pause, er versucht sich an was zu erinnern – plötzlich hat er es) In einem Kabarettprogramm hat jedes seinen Platz! Seinen, verstehst du, nicht einen! Gott würfelt nicht! – Also, im Grunde mag ich Eisenstein ja .. Wenn ich blau bin .. Da bin ich nämlich Gott .. Verstehn Sie nich, wie .. na also, wer richtet sich denn hier nach wem, he ..? Wenn ich nicht so viel saufen würde, käme die Nummer nämlich an anderer Stelle  … – Also, ich fang jetzt an .. – (setzt seinen Zylinder ab) Hallo, ich bin der traurige Clown! Tusch! (stampft mit den Füßen auf) Tusch! (das Orchester – Querflöte, Klarinette – spielt einen Tusch) – Na also .. – (blickt lange schwankend ins Publikum) Ich sehe es Ihnen doch an, Sie warten nur darauf, daß ich .. – Neeneenee .. weiter nach Text (holt einen Zettel hervor) .. daß ich irgendwelchen Witze mache, damit sich ihr Zwerchfell einer endogenen Massage unterziehen kann. (Brüllt) Aber nicht mit mir. Ich bin nicht nur traurig. Ich habe auch einen Haß, auf Sie, auf das Leben, und vor allem auf diese ganzen blöden .. naja, und so weiter .. Und vor allem auf Eisen .. Ein .. Is ja egal, wie das Arschloch heißt .. – Erzähl mir jetzt bloß nicht, daß es Dir schlechter geht als mir, Eisenstein, von wegen Programm machen und Programm einstudieren und all den Scheiß..! Also, damit eines klar ist: Ich bin hier hier die Rampensau, klar! Ich mach die Arbeit! Now I’ve got my point of you and this what I think something’s gotta change right now and now it’s time to drink .. – Trinkt. – Zwei Touristen – Tourist 1: Oh, sieh mal, ein Clochard. daß es so was noch gibt, toll. (wirft ihm Geld hin – will abgehen – kommt zurück – reicht Tourist 2 eine Kamera) Mach mal’n Foto .. – Tourist 1 setzt sich neben Herrn Magnitelli und Tourist 2 fotografiert. Beide ab.  – Herr Magnitelli: Wissen Sie, ich wußte, daß Sie genau so reagieren würden. Auf diesen Touristenquatsch. Is alles von Eisenstein so ausgedacht. Und penibel einstudiert, Bewegung für Bewegung. Glauben Sie bloß nicht an Improvisation. Ja, und Ihre Reaktion war auch vorher genau kalkuliert. Psy .. Psychologie nennt man das. Ich mag vielleicht besoffen sein, aber ich bin nicht dumm. – Nein! Im Grunde mag ich Sie ja, ich bin gar nicht so ein schlechter Kerl. Ich kann meine Gefühle nur nicht so zeigen. Wissen Sie, und darum sag ich Ihnen jetzt auch, was ich gemacht hätte, wenn Sie ( – nicht gelacht hätten – nicht so mäßig gelacht hätten – gelacht hätten). Ich hätte mich genau hierhin gesetzt (setzt sich) und .. – Trinkt aus seiner Whiskeyflasche. – Zwei Touristen kommen vorbei. – Tourist 1: Oh sieh mal, ein Clochard! Das es so etwas noch gibt, toll .. – Herr Magnitelli steht auf und zieht seinen Hut. – Herr Magnitelli: Deja vu! – Touristen ab. – Herr Magnitelli: Das mag Ihnen jetzt sicherlich be­kannt vorgekommen sein, aber mal ehrlich, was ist heute denn noch wirklich neu? Die Neuheit liegt doch im Revivel der gecoverten Originalität und selbst die basiert auf der Inspiration des Schondage­we­sen­en. Sein oder gewesen Sein, das ist doch die eigentliche Gretchenfrage im schnellen Lauf der Zeit. Frei nach dem Motto: Heute hier, morgen dort, bin kaum da, schon muß ich  .. – Regisseur Eisenstein (von unten): Hey, Magnitelli, beweg Deinen faulen Arsch und weg da! Show must go on!

24 (Herr Magnitelli und Regisseur Einstein):  Herr Magnitelli: Weißt Du, ich wußte, daß Du genau so reagieren würdest! – Geht ab. – Kommt zurück und macht eine lange Folge von Drohgebärden und Stinkefingern gegen Regisseur Eisenstein. – Geht erneut ab. – Kommt wieder. – Herr Magnitelli: Und wenn Du hundertmal größer bist als ich .. ich mach Dich fertig, Du! Ich brech Dir die Arme, Du! Ich hau Dir was an die Birne, Du, was gefährlicher ist als dieses beschissene und bekotzte und verfickte Psst, du! Da ham wir hier ein Finale, wie wir noch keins hatten, Du! – Ab in gefährlichen Schlängelkurven. – Kommt noch einmal zurück. – Herr Magnitelli: Meine Damen und Herren, noch isses nich so weit .. als nächste sehen Sie .. Lady Bavaria und Hansi Hauslos .. nee .. Siggi Duckstange in .. Mir doch egal . .

25 (Ist mir egal):  Im Restaurant. – Lady Bavaria: Welchen Tisch wollen wir nehmen? – Siggi Duckstange: Weiß nicht, so groß ist die Auswahl ja nicht. – Die beiden gehen an einen Tisch. – Lady Bavaria: Wo möchtest Du sitzen? – Siggi Duckstange: Das ist mir egal. – Lady Bavaria: Mir auch. – Siggi Duck­stange: Na dann setze ich mich hier hin. – Lady Bavaria: Sehr gut. Du hast zwar exakt den Tisch zwischen Toilette und Küche genommen, aber wie du meinst. – Beide setzen sich. Ein kellner kommt. – Kell­ner: Was darf ich Ihnen bringen? – Lady Bavaria schubst Siggi Duckstange drängelnd an. – Siggi Duckstange: Die Karte. – Kellner: Sehr wohl. – Ab. – Lady Bavaria: Ist doch gemütlich hier, oder? – Siggi Duckstange: Naja, es geht so. – Lady Bavaria: Gefällt es dir nicht? – Siggi Duckstange: Muß es denn das? – Lady Bavaria: Nun, das sollte es. Wir können auch gerne etwas anderes unternehmen, was dir mehr Freude macht. – Siggi Duckstange: Nö nö, das ist schon in Ordnung so. – Lady Bavaria: Nein, sage es ruhig, worauf hast du denn Lust? – Siggi Duckstange: Auf gar nichts. – Lady Bavaria: Auf irgendetwas mußt du doch Lust haben! – Siggi Duckstange: Nein, habe ich nicht. – Der Kellner bringt die Karte. – Lady Bavaria: Das glaube ich dir nicht. – Siggi Duckstange: Das ist schade. – Lady Bavaria nimmt die Karte und studiert sie.  – Lady Bavaria: Was möchtest du denn essen? – Siggi Duck­­stange: Das ist mir egal. – Lady Bavaria: Wie wäre es denn mit 23, oder 54? – Siggi Duck­stan­ge: Ist mir egal. – Lady Bavaria: Aber irgendetwas muß du doch essen wollen. – Siggi Duckstange: Ja, schon. – Lady Bavaria: Also ich nehme das Rinderraggout, und du? – Siggi Duckstange: Ist mir egal. – Lady Bavaria: Egal. Egal. Wenn dir alles egal ist, bin ich dir dann auch egal? – Siggi Duck­stan­ge: Ist mir .. äh .. ja. – Lady Bavaria: Dann kann ich ja gehen. – Siggi Duckstange: Ja. – Lady Bavaria: Na gut, ich gehe. – Siggi Duckstange: Ja. – Lady Bavaria zum Kellner. – Lady Bavaria: Ich brauche jetzt einen Manhattan. – Kellner: Gerührt oder geschüttelt? – Lady Bavaria: Ist mir egal. – Siggi Duckstange: Ja. Ich habe es gesagt. Ja, ja. Ich habe es gesagt. Ja …. – Herr Ober! Einen Manhattan bitte! – Kellner: (genervt) Gerührt oder geschüttelt? – Siggi Duckstange: Ja! –

26 (Entweder – Oder: Der Regisseur kommt auf die Bühne mit zwei verbundenen Armen und Kopfverband. – Der Regisseur: Meine sehr geehrten Damen und Herren, aufgrund eines personellen Engpasses .. – Arthur Hühnchen. Zwei verbundene Arme und Kopfverband. Guckt den Regisseur herausfordernd an. – Arthur Hühnchen: (lauernd) Single, wie? Sexuell unbefriedigt gewesen, wie? – Der Regisseur: Nein, einen Moment unachtsam. Meine Damen und Herren, was Sie hier sehen, ist das Werk von Herrn Magnitelli. Leider ist er danach, wie eine Biene, die gestochen hat, verstorben. An Alkoholvergiftung. Meine Damen und Herren, wir fahren fort im Programm, sehen Sie .. Arthur Hühnchen: .. Arthur mein Name. Arthur Hühnchen. Ja, ich bin auch böse zugerichtet worden. Nein, nicht von Herrn Magnitelli. Bei einem Konzert. Das Konzert an und für sich war nicht lebensbedrohlich. Es brach auch keine Massenpanik aus. Das Konzert ist nicht der Grund für meinen erbärmlichen Zustand. Nein, es war eher kuschlig. Als das Kuschellied begann, machten alle ihre Feuerzeuge an. Scheinbar alles Raucher. Wie kann das sein, fragte ich mich, warum sind ausgerechnet bei Konzerten nur Raucher anwesend? Ich weiß nicht, ob es eigene Not war, aber dann fiel mir noch eine andere Erklärung ein: Wer mit dem Feuer spielt, ist sexuell nicht ausgelastet. Ich stand also allein ohne Feuerzeug unter 1000 sexuell Enttäuschten. Neben mir stand eine Frau. Heiß. Blond. Mit Feuerzeug. Als das Lied zu Ende ist, schreit sie, stöhnt sie .. immer nach dem Idol .. Diese Frau ist sexuell unbefriedigt! – Okay, eine Woche später sitze ich in einer Bar, in der Nähe der Konzerthalle. Ich trinke ein Bier und habe den besten Blick auf die Tür. Auf einmal tritt die Frau ein, ihr wißt schon .. Heiß. Blond. Sexuell unbefriedigt. Oder doch .. Raucherin? Ich setze mich zu ihr, frage sie, ob sie Raucherin ist .. Sie sagt Nein .. – Darauf ich: Sie tun mir ein bißchen leid .. Was, weil ich nicht rauche …? – Ich schweig. Guck sie nur an. Gucke sie wieder an. – Irgendwas tippt auf meine Schulter. Hey, machen Sie meine Frau nicht an! – Ich hab keine Zeit aufzuschauen, ich guck immer nur die Frau an. 90, wenn Sie was von Oberweite verstehen. Und sie lächelt! Sie lächelt mich an! Da tippt mir dieser impotente Kerl nochmal auf die Schulter, und jetzt – also ich war schon ziemlich auf Brass – dreh ich mich um .. (Pause) Zwei Meter. Schultern wie ein Kleiderschrank. Muskeln wie Berge. Und eine Faust, die so schnell war, daß ich als nächstes den Oberarzt von der Chirurgischen Station sah .. Tja, als Single lebt man gefährlich. Aber wenn es noch mehr solche sexuell unbefriedigten Super-Blondinen gibt, dann habe ich gute Chancen, bald nicht mehr alleine zu sein .. – Ab. – Der Regisseur: Chirurgische Station, meine Damen und Herren, ist das Stichwort .. wir müssen nur ein paar Korridore weiter gehen .. hier ist  .. die Entbindungsstation ..

27 (Neugeboren): Frau Merkel auf einem Tisch unter Decken. Dicker Bauch. Das Ensemble um sie herum. Fernsehkameras. Vorn Herr Möllemann. Er spricht in eine Kamera. – Herr Möllemann: Ja, wir haben einen Fehler gemacht, meine Damen und Herren. Ja, wir gestehen es ein. Wir haben uns selbst verloren. Sind geflohen vor uns selbst, den Klohns. Aber nicht nur wir, die gesamte Menschheit hat sich verloren. Wir alle spielten uns etwas vor, hielten die anderen für so dumm, wie wir selber sind. So haben wir alle uns verloren. Wie sagte doch der verstorbene Herr Magnitelli: Sein oder gewesen sein, das ist doch die eigentliche Frage im schnellen Lauf der Zeit. Jawohl, das ist die bittere Wahrheit. Die Sache schien – bis vor wenige Augenblicke – aussichtslos. Aber da stand sie auf, oder legte sich hin, wie man genauer sagen muß, sie, die Jean d’‘Arc aus dem Osten. Sie wagte einen Neuanfang. Sie entschloß sich, ganz allein aus sich selbst heraus .. (unter den Decken hervor drängt sich eine Fruchtblase / Luftballon) .. ja, schauen Sie hin, meine Damen und Herren .. sie allein entschloß sich und war in der Lage, ganz allein aus sich selbst heraus, der Welt einen Neuanfang zu ermöglichen .. (die Fruchtblase / Luftballon steht über dem Tisch) .. sie, die Mutter der Menschheit, wie man dereinst sagen wird, wird uns jetzt den neuen Menschen schenken, den Menschen, der nie lügt, wach ist, aufmerksam, wahrheitsliebend, gütig, menschenfreundlich, intelligent, verantwortungsbewußt, vegetarisch, tierliebend, umweltbewußt, monogam und nüchtern .. jetzt, meine Damen und Herren, und Sie hier im Saal, und Sie, draußen an den Bildschirmen werden Zeuge sein .. jetzt .. ein bewegender Augenblick .. – Es passiert nichts. – Herr Möllemann: (ungeduldig) Was ist denn? – Frau Fischer: Der neue Christus weigert sich, diese Welt zu betreten, Herr Möllemann. – Herr Schröder: Helfen Sie nach! – Reicht Herrn Möllemann ein Kruzifix. Herr Möllemann nähert sich Frau Merkel. Kameras hinterher. Zerschlägt mit dem Kruzifix die Fruchtblase. – Frau merkel: Jo mei, jo mei, jo mei .. – Hinter dem Tisch steigt, blutüberströmt, das betrunkene Gesicht von Herrn Magnitelli auf. – Herr Magnitelli: Hi, Zombies! –

PREMIERE BÜHNE acht April 2001