Ich bin Papst, denn deutsch ist nur, wer Champion ist

Die Ehrlichen

(1)  Auf der Bühne ein Klavier. Draußen fragt Gundolf:

– Soll ich schon rein? He! Ob ich schon rein  … ?

Er stolpert auf die Bühne, offenbar hat er einen Stoß bekommen. Seitlicher, schiefer Blick  ins Publikum. Er geht, nach vorn geneigter Oberkörper, herausgeschobenes Hinterteil zum Klavier. Gundolf trägt Pullover á la Olaf Schubert und eine Polizeihose. Seitenscheitel, angeklatschte Haare, Brille.

Gundolf setzt sich ans Klavier, klappt Deckel hoch. Klimpert etwas. Steht auf, beugt sich übers Klavier, guckt Richtung Backstage. Setzt sich. Klimpert. Mehrere hohe Töne, die immer mit einem tiefen abgeschlossen werden. Spricht dazu.

– Das ist ein Lied. Das habe ich für meine Freundin komponiert. Da war ich drei …

Wieder mehrere hohe Töne, die mit einem tiefen abgeschlossen werden.

.. undzwanzig. Und noch im Frühförderprogramm. Jetzt bin ich da raus. Weil .. dreht sich schwerfällig herum auf dem Stuhl … meine Klavierlehrerin hat mich sexuell bedrängt.  Indem er sich wieder dem Klavier zuwendet. Die Sau. Miststück.

Auf der Bühne erscheint Heidemarie. Gundolf sagt:

– Heidemarie! Da bist du ja.

Heidemarie in einem Kostüm à la Gisela May. Große Stola. Blonde Perücke. Hut. Zigarette mit langem Mundstück; hohe Absatzschuhe. Sie wiegt sich beim Gehen in den Hüften. Erreicht das Klavier und knallt einen Stapel Noten auf die Abdeckung.

Gundolf spielt mehrere hohe Töne, die mit einem tiefen abgeschlossen werden. 

– Du bist zu spät, Heidemarie.

Guckt auf die Uhr:

Genau drei Minuten und 36 Sekunden.

Heidemarie schiebt ihn vom Stuhl. Gundolf geht an die Rampe, Heidemarie nimmt den Platz am Klavier ein. Übereinandergeschlagene Beine, raucht mit kritischem Blick auf Gundolf.

Gundolf an der Rampe wendet sich dem Publikum zu:

– Hallo.

Und versucht es noch einmal:

– Hallo! – Naja. – Also ich bin der Gundolf. Uwe Klaus Jürgen Gundolf. Das sind die Vornamen von meinem Vater und meiner Mutter.

Guckt in die Luft, denkt angestrengt nach.

– Von meiner Mutter eigentlich nicht. Denn die – Kerstin heißt die ja. – Komisch. Da hat also mein Vater vier Vornamen gehabt. Uwe Klaus Jürgen Gundolf. Schrebermann.  Wie ich.  – Also ich bin der Uwe Klaus Jürgen Gundolf Schrebermann. Ich bin 43, aber ich weiß, ich sehe älter aus. Und ich habe zwölf Kinder …

Heidemarie: Was?!

Gundolf: … gemacht.

Heidemarie: Was sie nicht sagen, Herr Schrebermann!

Gundolf: Genau! Sechs Jungen und fünf Mädchen!

Gundolf merkt etwas, guckt angestrengt in die Luft und denkt nach. Zählt ab an seinen Fingern. 

Ah, jetzt hab ich’s. Zwölf minus elf  … ? Eins! – Eins kommt noch! Will kommen. Ist eigentlich schon da. Backstage. Will also auf der Bühne kommen.

Guckt in die Luft und denkt nach.

– Das heißt die Bühne, wie? Egal, es will hier kommen, oder heißt es: Hierher?, und will singen. Aber ich will nicht.

Guckt ins Publikum. 

 – Und wenn ich nicht will, wird es nicht. Wird nicht singen! Basta!

Guckt ins Publikum.

Ich weiß, was ihr euch fragt! Ihr fragt euch: Wieso hat der zwölf Kinder?! – Tja, ich hab’s gern, wenn die Frau auch mal bißchen arbeitet. Damit sind wir beim heutigen Abend und seinem Thema : Arbeit …. – Arbeit – Heidemarie, fällt dir dazu etwas ein ?

Heidemarie singt und spielt : 

     Ich wär so gerne Millionär

     Dann wär mein Konto niemals leer

     Ich wär so gerne Millionär – millionenschwer

     Ich wär so gerne Millionär 

Gundolf :    Es gibt so viele reiche Witwen

    Die begehrn mich sehr

     Sie sind so scharf auf meinen Körper

     Doch den geb ich nicht her.

     Ich glaub, ich werd das nicht verkraften

    Um keinen Preis der Welt

     Deswegen bleib ich lieber Gundolf

     Kein Prinz und auch kein Held

Beide :        Ich wär so gerne Millionär

                   Dann wär mein Konto niemals leer

                    Ich wär so gerne Millionär – millionenschwer

                  Ich wär so gerne Millionär

Herr Bremse ist gekommen: Schwarzer Anzug, schwarzer Schlips, überdimensionale schwarze Brille.

Gundolf:  bedient Hallo Spaßbremse.

Herr bremse: Draußen wartet ihre Tochter. Sie hat mich hereingeschickt, um Sie zu fragen, ob sie hier singen darf. Sie möchte, daß Sie es ihr erlauben.

Gundolf: Unmöglich! Singen! Singen wollen! Wenn ich nicht will, wird hier niemand singen! Nicht singen! Basta!

Gundolf:  läuft nach draußen. Dabei: Heidemarie! Das ist dein Werk! Du hast ihr das eingeredet!

Heidemarie: am Klavier Das arme Kind!

Gundolf: schimpft draußen  Du wirst nicht singen, nicht von Deutschland. Wenn hier gesungen wird, dann von Gundolf, ist das klar! 

Herr bremse: zum Publikum Ich bin Herr Bremse, jawohl. Spaßbremse. Jajajaja. – In der nächsten Nummer wird das Bremsen im allgemeinen und im Straßenverkehr behandelt und leider verlacht. Wenn ich der Programmdirektor wäre, wäre die Nummer eliminiert worden. Aber leider bin ich hier nur der Ansager.  – Sehen Sie bitte jetzt: „Geschwindigkeits­kontrolle“.

(2 – Geschwindigkeitskontrolle) Autofahrererin  setzt sich auf einen Stuhl und fährt wie wild Auto. Polizist stoppt sie:

Polizist : Dies hier ist eine 30km/h-Zone. Sie sind 80 gefahren. Kann ich bitte Ihren Führerschein sehen?
Autofahrerin: Ich habe keinen mehr. Der wurde mir vor ein paar Wochen entzogen, da ich zum 3. Mal betrunken Auto gefahren bin.
Polizist: Aha, kann ich dann bitte den Fahrzeugschein sehen?
Autofahrerin: Das ist nicht mein Auto, ich habe es gestohlen.
Polizist: Der Wagen ist geklaut?
Autofahrerin: Ja – aber lassen Sie mich kurz überlegen, ich glaube die Papiere habe ich im Handschuhfach gesehen, als ich meine Pistole reingelegt habe.
Polizist: Sie haben eine Pistole im Handschuhfach?
Autofahrerin: Stimmt. Ich habe sie dort schnell reingeworfen, nachdem ich die Fahrerin des Wagens erschossen habe und die Leiche dann hinten in den Kofferraum gelegt habe.
Polizist: Eine Leiche im Kofferraum?
Autofahrerin: Ja!

Polizist telefoniert …. Das Auto wird umstellt und eine diensthöhere Polizistin kommt:

Diensthöherer Polizist: Kann ich bitte Ihren Führerschein sehen?
Autofahrerin: Sicher, hier bitte.
Diensthöherer Polizist: Wessen Auto ist das?
Autofahrerin: Meins, hier sind die Papiere.
Diensthöherer Polizist: Können Sie bitte noch das Handschuhfach öffnen, ich möchte kurz prüfen ob Sie eine Pistole dort deponiert haben.
Autofahrerin: Natürlich gern, aber ich habe keine Pistole darin.
Diensthöherer Polizist: Kann ich dann noch einen Blick in Ihren Kofferraum werfen. Mein Mitarbeiter sagte mir, daß Sie darin eine Leiche haben. 

Beide Polizisten stehen am Kofferraum. Die Diensthöhere sauer auf den Straßenpolizisten.

Diensthöherer Polizist: Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht. Der Polizist, der sie angehalten hat, sagte mir, daß Sie keinen Führerschein, das Auto gestohlen, eine Pistole im Handschuhfach und eine Leiche im Kofferraum haben.
Autofahrerin: Super! Und ich wette, er hat auch noch behauptet, daß ich zu schnell gefahren bin!

Heidemarie spielt die deutsche Nationalhymne. Auftritt Herr Bremse.

(3 – Conference I – Herr Bremse) – Heidemarie spielt. Herr Bremse verzieht das Gesicht

Heidemarie: Ist was, Herr Bremse?

Herr bremse: Soll ich noch dazu singen, oder was.

Heidemarie: Nur zu, Herr Bremse.  Ein bißchen Nationalgefühl als Kosmetik für ihr sauertöpfisches Gesicht wäre nicht schlecht !

Herr Bremse: So was wird bei Boxkämpfen gemacht oder beim Fußball oder bei anderen Gadioatorenkämpfen der Neuzeit.  Damit wird das Arbeitslosenheer bei Laune gehalten.

Heidemarie: Na wenigstens Laune.  Wenn man sie sieht, riecht es nach Sauerkraut und Schweißsocken,  Herr Bremse.  Aus welchem Jahrhundert stammen Sie, Herr Bremse?

Herr bremse: Spielen Sie ihre patriotischen Schlager, Heidemarie, und reden Sie nicht über Dinge, die sie nicht verstehen.  – Meine Damen und Herren, ich muß Ihnen die nächste Nummer ansagen.  Sehen Sie Frau Norddoof,  die Zierde Ostdeutschlands.

Ab.  Frau Norddoff kommt.

(4 – Frau Norddoff) – Heidemarie am Klavier.

Frau Norddoff:                   

Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst

Frau Norddoof  kann das nicht ..

Schau mir in die Augen und dann schau in mein Gesicht

Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst

Du hast ein leichtes Spiel

Doch ich weiß, was ich will, drum lach nur über mich

Denn am Ende lache ich über dich

Guten Tag, mein Name ist Gudrun von Norddoff, meine Mutter ist eine von- und –zu und mein Vater ist auf und davon. Toller Einstieg, was? – Nein, im Ernst, meine Mutter war – mein Gott, wann war das! – Kaderleiterin hier im TKC in Cottbus.  Sind Ältere hier? Frau Hannuschka .. Ja so hieß sie. Ja, so war das. Schon gar nicht mehr wahr. – Naja, jetzt heiß ich von Norddoff und wohne in Berlin. Manche nennen mich auch von Norddoof, aber das sind nur Neider. Ich sag ja immer, Neid muss man sich erarbeiten, Mitleid bekommt man geschenkt. Könnt ihr euch mal merken, ihr Jammer-Ossis.  – Ja, ich habe mir den Neid wirklich hart erarbeitet. – Ich war auch mal Ossi. Jajaja! Da hab ich in der Praxis meines jetzigen Mannes als Sprechstundenhilfe gearbeitet. Wissen Sie, mein Mann ist nämlich ein anerkannter Plasteschurk. Der hat hier das große Geld gemacht. Naja nicht gleich, aber seit Berlin-Mitte fest in schwäbischer Hand ist, läuft die Schurkerei. Ja, und da arbeite ich jetzt nicht mehr für meinen Lebensunterhalt, sondern habe meinen Mann geheiratet. Reinhard! Du mein wilder Eber. Ja, so müssen’se mit die Männer reden! Natürlich nur mit denen sich’s lohnt! Ja, ich wollte einen Mann, der nett und verständnisvoll ist – ist doch nicht zuviel verlangt für einen Millionär! Außerdem sieht er blendend aus. Also, wenn man sich sein Bankkonto dazu denkt. Ich finde, Männer in Politik und mit einem hohen Bankkonto können überhaupt nicht hässlich sein. Und Frauen von Männern mit einem hohen Bankkonto auch nicht. Also: Ich repräsente die Firma, also die Kanzl… äh Praxis  meines Mannes. Und das zu Recht! Immerhin hat Reinhard 30.000,00 € in meinen Körper investiert. Mit Erfolg, wie man sieht. Hier zeigt auf ihren Hintern ist es ein bisschen weniger geworden, naja ein bißchen, hahaha!, dafür hat er mir das hier zeigt auf die Wangenknochen wieder eingespritzt. Na, ja – jetzt passen dafür Intellenz und Aussehen bei mir wunderbar zusammen. Steuerlich ist das voll absetzbar, weil ja das Reinhardle (schwäbisch aussprechen!) sozusagen in die Firma investiert hat. Ja, jetzt bin ich wer! Nix mehr mit Empfang und so! Da sitzt jetzt so’ne übergewichtige Mittvierzigerin mit Krähenfüßen aus der Lausitz, so’ne Spreewaldtonne. Nenene, nicht wegen alter Heimatverbundenheit. Wegen der Werbewirkung!  Die Frauen, die zu uns kommen, sehen gleich, dass sie so nicht aussehen wollen. Naja, aus’m Osten kommt noch wenig Kundschaft. Aber es wird langsam mehr! Und  d i e  Kundschaft – die läßt sich gleich alles machen! Gucken sich doch mal so’ne Sekretärin aus’m Autohaus an, die Chefin von dem Etablissement werden will! Gebotoxt von den Ohrläppchen bis zu den Schienbeinen! Und dafür klingelt bei uns die Kasse.  – Jaja, ich seh, wie der Neid blitzt in ihren Augen! Naja, wer hat, der hat. – Neeneenee, ich muß sie warnen! Bei einem Monatsgewinn von 50.000,00 € hat man es nicht immer leicht. Das Finanzamt  – Also das hat man dauern auf der Pelle. Ich sag immer zum Reinhardle: Das ist das, was früher die Stasi war! Aber so, wie wir der Stasi widerstanden haben – also ich nicht direkt – so widerstehen wir auch dem Finanzamt. Aber es ist schwer. Mehr wie kaufen können wir nicht, um nicht jedes Jahr 100.000,00 € Einkommenssteuer nachzuzahlen! Fünf Häuser besitzen wir mittlerweile – von der Uckermark bis nach Mallorka! Wir haben schon überlegt, ob wir uns Adoptivkinder anschaffen sollen und auf die ganzen Häuser verteilen, daß wir nicht die Zeitwohnungsteuern bezahlen müssen. So rumänische oder so, so Schnüffelkinder, die so Leim schnüfffeln und auf der Straße leben … ’Ne blöde Iddee, ich weiß. War von mir. Der Reinhard hat mir das ausgeredet. Die werden das ja nicht los, das rumänische, das ostige. Ist schon genug Fremdblut im gebotoxten deutschen Volkskörper. Das soll ich nie öffentlich sagen, hat das Reinhardle gesagt. Also, das ham sie nicht gehört.  Weil .. ich glaub nicht, daß sie den Rechtsanwalt bezahlen können, den wir Ihnen dann in Ihre Elendshütte schicken! – Wo war ich stehen geblieben? Achja, das Finanzamt! Letztens war ne Finanzbeamtin als Patientin bei uns. Also, ich habe mich gefragt, wie die sich das Fettabsaugen leisten kann.  Frißt wahrscheinlich trocken Brot dafür. Und ist trotzdem fett, naja. So’ne Widersprüche! Das ist der Osten, sag ich Ihnen. Also, die war nun bei uns. Finanzbeamtin! Da mussten wir schnell die drei Bilder aus unsrere Uckermark-Villa – also, den van Goog, den Matisse und den Pkatscho – also die mußten wir schnell in der Praxis aufhängen. Weil, die hatten wir ja für die Praxisräume gekauft! Na, verstehen Sie! So wird das gemacht in unsre Kreise.  – Ja, was noch? – Ah, Sie! Sie da! Sie kenn ich doch! Letztens bei Lidl, stimmts! Also noch mal gucken Sie mich nich so an! Auch wenn ich mein Pelzmantel anhab! Was? Was sagen Sie? Nich wegen dem Pelzmantel? Wegen dem Wetter? Wegen dem Wetter haben Sie geguckt? 30 Grad plus!  – Plus? – denkt nach Nee, Lidl! das war Lidl! Das weiß ich genau! Ich geh nur zu Lidl! – Also eigentlich verdienen wir zu viel! Ich mein, wenn man mal bedenkt … Neenee, nicht denken! Außerdem – wir können unseren Umsatz gar nicht minimieren. Im Gegensatz, der steigt! Es kommen nämlich immer mehr Männer zu uns in die Schönheitschikurie! Und wenn ich hier in die Runde guck. Wird auch Zeit! – Der Mann an sich: Eine einzige Problemzone – von oben bis unten. Na ja, soll der Reinhard die Männer liften. schwärmt Männerkörper, ach Männerkörper! – Männerkörper sind immer noch besser ausgestattet als Männerhirne! Ja, die können eben nicht gut aussehen  u n d   intellent sein zu gleich! Sonst wären es ja Frauen! Deshalb lebe die Plastikschurgie und auf dem Gebiet ist das Reinhardle eine absolute Konifere.

Frau Norddoff:                   

Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst

Frau Norddoff  kann das nicht!

Nur Heidemarie:                                 Ich wär so gerne Millionär …. !

Frau Norddoff:                                  Tja! 

Ab. – Auftritt Gundolf. (5 – Conference II) 

Gundolf:  Heidemarie, du hast jetzt deine dir gewerkschaftlich zustehende Pause.

Heidemarie: Wie kommt das denn?

Gundolf:  Das hat die Spaßbremse angeordnet. Ein Euro-Jobber sind auch Menschen, hat er gesagt.

Heidemarie:  Vollkommen uncharmant, der Mann! Das muß doch keiner wissen …

Gundolf:  … daß du vom Arbeitsamt ausgeliehen bist, Heidemarie!

Heidemarie:  Sie sagen es, Herr Schrebermann!

Ab.

Gundolf: hat wieder Zeit fürs Publikum Tja, ihr kennt mich ja schon, aber vielleicht auch nicht, es ist ja schon einiges Bier getrunken worden, ich fassen noch einmal zusammen. Also, ich bin nicht vom Arbeitsamt hergeschickt, ich mache das freiwillig; ich heiße Gundolf, aber nicht nur; ich bin 43 Jahre alt, aber nicht nur, sondern auch älter; ich habe zwölf Kinder, aber nicht nur, eins nämlich ist .., drüber rede ich nicht; sowie: Ich bin von meiner Klavierlehrerin sexuell bedrängt worden, da war ich drei – Heidemarie Tusch!  – Tusch! Tusch! Tusch! – Danke! – .. unddreißig; aber nicht nur, sondern Jungfrau; und jetzt habe ich zwölf Kinder, und die Klavier­lehrerin, das Miststück, die Sau, ist jetzt meine Frau. Wenn Sie aber denken, daß das die Heidemarie ist, dann denken Sie falsch. Die ist nämlich nicht meine Frau. Aber natürlich möchte sie mich gerne einmal anfassen, nicht wahr Heidemarie?

Heidemarie:  Das denken aber auch nur Sie, Herr Schrebermann!

Gundolf: weint ein paar Tränen und fängt sich dann wieder Tja, ich wäre ein großer Klavierspieler geworden, ein Pianist, ein Arthur Rubinstein, wenn meine heutige Frau, als sie noch nicht meine heutige Frau war, mich nicht sexuell bedrängt hätte, aber nicht nur ein Arthur Rubinstein wäre ich geworden, sondern ein Elton John, was den Verdienst angeht, da wär ich Milliardär, nicht wahr, und jetzt muß ich nachdenken, weil  …  – Er denkt nach mit nach oben gerichtetem Blick.  – .. mir fehlt die Überleitung ..  mir fehlt die Überleitung ..   ich bin Conferencier … mir fehlt die Überleitung … 

Hinten gestikuliert Herr Bremse.

Gundolf:  Was? Wer?

Herr Bremse gibt Zeichen, macht Pantomime

Gundolf:  Chor? Arbeitslose ..? – Arbeitslosenchor!? Hier auftreten …?! Nee! Nee, danke! Arbeitslose!  Arbeit ist unser Thema, Gundolf  ist unser Thema, nicht  diese Arbeitslooser …. überrascht Arbeit! Meine Überleitung! Arbeit! Und es soll Leute geben, die mit ihrer Arbeit zufrieden sind, jawoll! Jawoll! Hier wird nach vorne gedacht! Genau! Nach vorne! Und zwar genau 200 Meter in diese Richtung! Bitte, Frau Mörser!

Auftritt Monika Mörser

(6 – Soldatinnen) 

Majorin Monika Mörser: Rekrutinnen! Stillgestanden1 Rührt euch! Ich bin Major Monika Mörser von der „Mutter-Theresa-Orlowski-Ausbildungs-Akademie“ der Bundeswehr. Meine Freundinnen aus der 3. Panzerdivision nennen mich auch die Kalaschnika – weil ich Panzerketten zerbeißen kann – mit dem bloßen Muttermund … — Eines sage ich Ihnen direkt zu Anfang: Eine Sonderbehandlung für euch Frauen wird es beim Bund nicht geben. Bei uns wird hart gearbeitet: Tittenschaukeln und Möse rasieren wird nicht geduldet! Ist das klar?!! — Für Sie als neue Rekrutinnen haben wir alles 1A vorbereitet: Dahinten neben den Latrinen haben wir separate und beleuchtete Frauenparkplätze eingerichtet. Riecht zwar ein bißchen nach Pipi in der fiesen Ecke, aber das macht ihnen ja sicherlich nichts …  So! Jetzt aber zu einem ganz anderen Thema:  Wir Frauen sind ja das zarte und sanfte Geschlecht. Wir sind feinfühlig und einfühlsam und haben einen zivileren Umgangston als unsere männlichen Kollegen. Daher können wir auch mäßigenden und beruhigenden Einfluß auf die eher harte männliche Truppe ausüben. — Sie haben sicherlich von den ganz speziellen Ausbildungsmethoden in Zeiten des Anti-Terror-Kampfes gehört. Diese Ausbildungspraxis ist in den Medien  übertriebenerweise als angebliche Mißhandlung und sogar Folter dargestellt worden. — Diese Ausbildungsmethoden sind bekannter­maßen von männlichen Kollegen durchgeführt worden. Kein Wunder, dass es zu übertriebener Härte gekommen ist. Daher keine Sorge: Weibliche Foltermethoden sind subtiler und damit weicher:  — Verbale Erniedrigung durch Dauertelefonate, Liegestütze über der aufgestellten Nagelfeile und Gewalt-Nachtmärsche vorbei Mode-Schaufenstern ohne shoppen zu können werden Ihnen helfen, ihre psychischen Grenzen zu überwinden. — Das alles sind weibliche und damit sensible Ausbildungsmethoden, um dem härtesten Ernstfall standhalten zu können – nämlich ungeschminkt  in Geiselhaft genommen zu werden …. — Apropos sensibel: Es gibt eine weitere Verordnung, die auch Sie betrifft:  Neben der Grundausbildung und dem Dienst an der Waffe hat das Verteidigungsministerium zur politischen Bildung und zur Sensibilisierung  einen sogenannten ‘Lesefeldzug’ angeordnet. Folgende Bücher hat die Frauenbuchbeauftragte für Sie zur absoluten Pflichtlektüre angeordnet: 1. – Goethe: Panzerfaust 1 und 2 — 2. – Hera Lind: Im nächsten Manöver wird alles anders — 3. – Gabi Kaufmann, Suche potenten Offizier fürs Leben — Apropos potenter Offizier: Vielleicht hat sich die eine oder andere von Ihnen schon mal Gedanken über eine Karriere bei der Bundeswehr gemacht?! Der schnellste Aufstieg für uns Frauen beim Bund ist die sogenannte Beförderungs-Befruchtung … — Das hört sich jetzt schlimmer an, als es ist Wahrheit vonstatten geht. Dieser ähhhh … Dienst fürs Vaterland kann auf Wunsch auch auf Video festgehalten werden. Hat bei den Weihnachtsfeiern bisher immer für Stimmung gesorgt … — Natürlich bekommt Ihr Kind dann einen Kindergartenplatz in der Kasernenkita und in Ihren Leopard-Panzer werden wir einen Kindersitz einbauen. Das ist doch ein hervorragendes Angebot. Können Sie ja mal drüber nachdenken … — Und jetzt: WEGGETRETEN!!!

Mörser ab.

(7 – Schweinchen)  –  Gundolf ißt ein Wurstbrot. Herr Bremse

Herr Bremse Was ist das?

Gundolf: Mein Butterbrot.

Herr Bremse: Nur Butter?

Gundolf: Auch Wurst.

Herr Bremse: Was für Wurst?

Gundolf: Leberwurst.

Herr Bremse: Wissen Sie, woraus Leberwurst gemacht wird? 

Gundolf: ißt Hm! Leberwurst. Mit Majoran. Lecker.

Herr Bremse: Woraus Leberwurst gemacht wird!

Gundolf: Aus Fleisch nehm ich an. 

Herr Bremse: Und wo kommt das Fleisch her?

Gundolf: He?

Herr Bremse: Wo das Fleisch herkommt!

Gundolf: Na … von den Knochen …

Herr Bremse: Von den Knochen?

Gundolf: Es sitzt auf den Knochen. 

Herr Bremse:: Gut. Es sitzt auf den Knochen. Auf den Knochen von unschuldigen Tieren.

Pause.

Herr Bremse: Es sitzt auf den Knochen von Schweinen und Rindern. Und so ein Schweinchen wird geboren in einem Massenstall mit vielen Geschwistern, von denen die Mutter gleich einmal einige zerquetscht, wenn sie sich auf die andere Seite wirft, weil sie zu fett ist wegen dem Fleisch, das sie auch abwerfen muß, und weil es zu eng ist, damit die Ferkelchen nicht zu viel rennen und auch fett werden, und überhaupt, was ist das für eine Kindheit für das Ferkelchen, denn es wächst nicht auf Stroh auf, sondern auf Rosten, weil da, was es ausscheidet gleich durchfällt, damit der Bauer nicht mehr ausmisten muß, was er auch nicht schaffen würde, denn er muß 5000 Schweine halten, wenn es sich rechnen soll, und unser Schweinchen hat immer entzündete Beine, weil es ständig durchtritt zwischen die Gitterstäbe des Rostes, und dann wird es weggenommen von der Mutter, und verbringt das weitere Leben im Dunkel, weil wenn es Licht hätte – Neonlicht! – würde es sich zu viel bewegen, und wenn es sich zu viel bewegt, macht es kein Gewicht. Und wenn es Gewicht hat, wird es mit Elektroschockern auf einen LKW getrieben mit hunderten anderen Schweinen, die blind werden in diesem Moment, im Tageslicht, aber das spielt keine Rolle, denn unser Schweinchen hat nur noch eine Woche zu leben, die eine Woche aber verbringt es auf dem LKW mit hundert anderen Schweinchen, die nicht alle überleben, denn wenn es in eine Kurve geht und Fleischberg fällt auf Fleischberg, da kann man sich ja vorstellen, wie das ausgeht, oder es wird ohnmächtig in der südlichen Hitze, denn Sie müssen wissen: Wir sind in Spanien, denn der Schlachthof der Europäischen Union befindet sich in Spanien, und wenn der LKW nun noch einmal geöffnet wird, sieht unser Schweinchen wieder nichts, denn es ist blind, und schon kein Schwein mehr, aber riechen kann es noch, und es riecht Blut, und quiekt, und das Schweinchen, eine fette Sau,  die abgeschlachtet werden soll, weiß nicht, daß es selbst es ist, das quiekt, oder bin ich das jetzt selbst, denn ich bin ja auch ein  ..   Naja.

Gundolf: ißt sein Brot.  Was soll’n das jetzt?

Herr Bremse Wir wissen zu viel, ein Elend. 

Gundolf ißt sein Brot.

Herr Bremse Früher war das Leben einfacher. Da war das kein Problem, eine Leberwurstschnitte essen.

Gundolf: ißt sein Brot Sie sind wirklich ’ne echte Spaßbremse!

Er betrachtet sein Brot und schmeißt es dann weg. – Ab.

Herr Bremse: hebt das Brot auf  Südsudan, meine Damen und Herren. Ein Dorf am Verhungern. Sie geben einem Kind diese Schnitte. Was ist das?  Er  hält die Schnitte hoch. Ich sage es ihnen, meine Damen und Herren: Elend mit Elend füttern! Hahaha!

Er ißt genüßlich das Brot auf.

(8 – Der Arbeitslosenchor )  – Der Chor tritt auf. – Heidemarie hat eine Arbeitsjacke übergeworfen.

Chorleiterin: Guten Tag ich bin vom Arbeitslosenchor „Frohsinn im Elend, Schau nach vorn, Kumpel!“ Wir möchten dem Kabarett dank sagen, daß wir hier auftreten dürfen, denn es ist ja nicht selbstverständlich, weil jeder denkt, Arbeitslosigkeit ist Armut und was Ernstes, und paßt nicht in die Landschaft.  Paßt sie auch nicht, deshalb machen wir nur einen kurzen Auftritt, und der beginnt jetzt. – Also: Wir sind ja arbeitslos, aber das hat uns den Blick nicht verengt. Wir haben uns deshalb gedacht, betrachten wir die Problematik der hohen Arbeitslosigkeit mal von der anderen Seite, betrachten wir die ganze Problematik mal vom Arbeitsamt her. Dazu müssen wir einen kleinen Vorspruch machen, den macht unser Stefan, der hat in der DDR Germanistik studiert, und er kommt  auch sonst nicht los, deshalb klingt, was er sagt, ein bißchen nach guter, alter Zeit, na, ihr werdet ja sehen ..  – Also, jetzt kommt unser Lied, es ist nicht mehr ganz aktuell, was Herrn Rogowski betrifft, aber sehr wohl, was das Problem betrifft, und das ist leider wahr.

Stefan:  Guten Abend, meine Damen und Herren zur Aktuellen Kamera. – Kapitalistisches Ausland. BRD. Industriepräsident Michael Rogowski ist für eine Verschärfung der Hartz-IV-Reform und ein niedrigeres Arbeitslosengeld II. „Hartz IV ist ein richtiger Schritt, doch er reicht nicht aus“, sagte der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) dem Monopolblatt „Die Welt“. Viele würden auch in Zukunft lieber die staatliche Unterstützung kassieren, als einen niedrig bezahlten Job auf dem Arbeitsmarkt der BRD zu suchen. Das Arbeitslosengeld II müsse daher neu geregelt werden, sagte Rogowski. Die neue Höhe müsse man „austesten“. Der BDI-Chef verwies dabei auf Empfehlungen von Professoren der BRD, die für eine Senkung um 20 bis 25 Prozent eintreten.

(9 – Der Brit-Meißner-Song)

Stefan: Lied von der Arbeitsamtangestellten Brit Meißner, die zu sensibel ist für diese Zeiten – 1. Teil, welcher handelt von 4,36 Millionen Arbeitslosen, die vom Staat des Herrn Rogowski 340 € ALG II erhalten.

Alle:                        

     Sie trafen sich

     in keinem Garten

Auch sicher unter keinem Baum 

Es war nicht auf einem Golfplatz 

Wohl kaum wohl kaum 

Es ist einfach alles anders 

Die Meißner-Brit aus Lübben 

In der Agentur für Arbeit  

Schickt Arbeitslose schippen 

Herr Rogowski, ob Sie sie verstehen  

Oder denken, die ist ja verrückt   

Sonntag Montag frißt sie Schokolade  

Und wird langsam dick

Dann denkt sie mal an was andres 

Als immer nur an Sie 

Denn das viele an Sie denken 

Bekommt ihr nie. 

Am nächsten Tag ist sie so müde 

Sie paßt gar nicht auf 

Und die Kollegen finden 

Sie sieht fertig aus

Stefan: Lied von der Arbeitsamtangestellten Brit Meißner, die zu sensibel ist für     diese Zeiten – 2. Teil, welcher handelt von 5,54 Millionen Arbeitslosen, die vom Staat             des Herrn Rogowski 270 € ALG II erhalten.

                                            Alle:                                 

                                            Es ist einfach alles anders 

Die Meißner-Brit aus Lübben 

In der Agentur für Arbeit 

Schickt Rogowskis Sklaven schippen 

Herr Rogowski, ob Sie sie verstehen  

Oder denken: Aussichtslos! Komplett!

Sonntag Montag Dienstag Mittwoch frißt sie Schokolade  

Und wird langsam fett 

Dann denkt sie mal an was andres 

Als immer nur an Sie 

Denn das viele an Sie denken 

Bekommt ihr nie. 

Am nächsten Tag ist sie so müde 

Sie paßt gar nicht auf 

Und die Kollegen finden 

Sie sieht fertig aus 

                                             Stefan: Lied von der Arbeitsamtangestellten Brit Meißner, die zu sensibel ist für                                  diese Zeiten – 3. Teil, welcher handelt von 7,76 Millionen Arbeitslosen, die am Leben                                          zu erhalten der Staat des Herrn Rogowski sich nicht mehr in der Lage sieht.

                              Alle:                                 

                                            Es ist einfach alles anders 

Die Meißner-Brit aus Lübben 

In der Agentur für Arbeit 

Schickt Sklaven ihre Gräber schippen

Herr Rogowski, ob Sie sie verstehen   

Oder denken, Bürokratenpack, ganz kraß  

Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Freitag Samstag frißt sie Schokolade  

Und ist schon lang ein Faß 

Dann denkt sie an nichts andres 

Als immer nur an Sie 

Und das viele an Sie denken  

Bekommt ihr nie. 

Am nächsten Tag ist sie am Ende 

Sie macht den TV aus 

Wind weht über Gräbern  

Wind weht übern Golfplatz 

Sie sieht fertig aus

Chor ab.(10 – Conference III)  Gundolf backstage.

Gundolf: Was??! Nicht immer alles schwarz malen? Optimismus vermitteln? In die Zukunft schauen? Hoffnung verbreiten? Und von Hoffnung singen! – Ja, da bin ich der gleichen Meinung! Aber in diesem Kostüm etwa? Was soll das für ein Kostüm sein? – Was??! Ein deutsches?? – Deutschland ist die Hoffnung? kommt auf die Bühne, spricht nach hinten  Papperlapapp! Du wirst nicht singen und damit basta! Und vor allem nicht in diesem Kostüm! Niemals!  wendet sich ans Publikum Die soll sich lieber mal ein Beispiel an meinen anderen 11 Kindern nehmen! Der Gerda, der Gudrun, der Gretel, Gisela, Gerlinde, Georg, Gregor … Ach du Gott, jetzt hab ich die Namen meiner Kinder vergessen!  spricht einen Zuschauer an Wissen Sie nicht noch ein paar Namen mit G?  ….. Richtig! (sagt die vorgeschlagenen Namen)  Und den Gaston! Das ist französisch, weil, der ist in einer französischen Stellung entstanden!  …  da das Publikum irritiert ist (sein sollte), fügt er an, mit verdeutlichender Geste  Meine Frau kann das!  – Bleibt das letzte Kind. Die Gundel. Die hier singen will von deutscher Art und Hoffnung! baut sich auf und brüllt Wenn Gundolf zwölf Kinder hat, dann heißt die deutsche Hoffnung Gundolf! – nimmt Heidemarie am Klavier wahr Heidemarie, du kannst gehen!  Wir brauchen kein Klavier mehr! Hier wird nicht mehr gesungen!

Auftritt Herr Bremse.

Herr Bremse: Sie spielt weiter.

Gundolf: Was?!  In dieser .. dieser Jacke? So was trägt die Müllabfuhr!

Herr Bremse: Sie sagen es, Herr Schrebermann!

Gundolf: Ich spiel gleich Müllabfuhr, Sie .. Sie … Sie … Sie Jesus, Sie! Immer diese Arbeitslosen auf der Bühne! prügelt Herrn Bremse von der Bühne Es reicht, wenn ich selber arbeitslos bin!

Heidemarie: Ihre Tochter soll nicht auftreten, mich wollen Sie nicht, Herrn Bremse nicht  ..  Arbeitslose sollen nicht auf die Bühne … – Wen wollen Sie dann?  Was wollen Sie?!

Gundolf: Mich will ich! Gundolf, jawohl“ Gundolf! Gundolf, das heißt Individualismus! Blödsinn heißt das und Himbeereis, Cocktails im Zelig und Comedy, Wahnernst und Biersinn,  Weinen im Lachen, Lachen im Weinen und so weiter, laughter in the crying, crying in the fun, wie man es modern ausdrücken würde, aber modern ist ja hier keiner, sattdessen immer das Wühlen in der Scheiße und diese Verlierertypen, genau einen solchen, ach was, einen ganzen Chor davon, soll ich jetzt wieder ansagen, aber das mach ich nicht! – ruft nach draußen Mach dein Programm alleine, Bremse, und du, Heidemarie, schmeiß die Noten weg, oder wisch dir den Arsch damit ab! Ich – schmeiß das Handtuch!

Ab.

(11 – Tsunami I)  Während der Tirade von Gundolf ist die  Chorleiterin des Arbeitslosenchores auf  die Bühne gekommen und hat schon mehrmals versucht zu einer Erklärung anzusetzen.

Chorleiterin: Ja, ich bin’s noch mal. Vom Arbeitslosenchor „Frohsinn im Elend – Schau nach vorne, Kumpel“. – Also, wir sind nicht nur ein Chor, sondern auch ein Laientheater, und als solches haben wir einen kleinen Sketch einstudiert, den wir gerne zeigen möchten. Der Sketch heißt „Tsunami 1“ und spielt in der Stadtverwaltung hier in Cottbus oder anderswo in Deutschland. Er handelt davon, wie sich der Bund und die Kommunen streiten, wer den Lebensunterhalt für die Erwerbslosen bezahlen bzw. nicht bezahlen soll, bzw. wie die Kommune Erwerbsunfähige zu Erwerbsfähigen macht, damit der Bund die Kosten dafür tragen muß, daß sie noch ein bißchen am Leben bleiben. Es treten darin auf die Ressortleiterin ‚Verschiebung’, die spiele ich, und die Rolle verlangt Erfindungsreichtum. Ja, und das kommt mein Azubi … Gabi, kommst du?! …  also im Sketch, da ist die Gabi Azubi, das ist ihre Rolle, ansonsten ist sie ja arbeitslos, und wir werden sie übernehmen.

Azubi und Ressortleiterin mit Ordnern . Blättern.

Azubi: liest Schrebermann, Gundolf, Uwe, Klaus, Jürgen , Epileptiker.

Ressortleiterin: Epileptiker streichen. Einsetzen: Alleinunterhalter.

Azubi: schreibt .. Alleinun …  blickt auf

Ressortleiterin: lächelt Als Alleinunterhalter Gelegenheitsarbeiter.  macht Bewegung zwischen Tanz und Anfall

Azubi: Na Sie aber auch!

Ressortleiterin: ungerührt Ohne Einkommen seit 2001. – Fällt – nun als Arbeitsloser – in die Zuständigkeit des Bundes. Hast du?

Azubi: schreibt. ’ Fällt als Deutscher Arbeitslosern die Zuständigkeit des …’ Okay.

Ressortleiterin: Soll er sich doch eine Arbeit suchen.

Azubi: Kabarett!

Ressortleiterin: Ist mir wurscht!

Azubi: Hauptsache raus aus der Statistik!

Ressortleiterin: Weiter, ich muß noch meinen Wochenendeinkauf machen!

Azubi: Posselt, Elvira, leidet unter schizophrenen Schüben. Nicht arbeitsfähig.

Ressortleiterin: Schizophren streichen. Einsetzen: Multitaskmanagerin.

Azubi: schreibt .. Multitaskmanageri .. blickt auf, fragender Blick, macht Handbewegung vor der Stirn.

Ressortleiterin: Genau. – Ohne Einkommen seit 1998. Zuständig, wenn sie nun als arbeitslos geführt ist: Der Bund.

Azubi: schreibt ’Zuständig .. .’

Azubi: Sandrock, Peter, Bauingenieurökonom, selbstständig als Bauunternehmer, nach Insolvenz und dreimaligem Herzinfarkt arbeitsunfähig.

Ressortleiterin: böse lächelnd ’Insolvenz ändern in ’Insolvenzverwalter’.

Azubi: Insolvenzverwalter sind nicht ohne Einkommen in diesen Zeiten!

Ressortleiterin: O! 

Azubi: Ändern in ..?

Ressortleiterin:  .. Maschinenführer Bauindustrie. – Und schon hat ihn ..

Azubi: schreibt. ’ .. der Bund!’  – Okay!

Azubi: Weiske, Felicitas, Downsyndrom.  Mongolid.

Azubi: ungeduldig Nu! Was soll ich ändern?

Ressortleiterin: Mongolid?

Azubi: nickt

Ressortleiterin: Ändern wir nichts.

Azubi: schreibt ’Ändern wir .. ‚

Ressortleiterin: Geht ans Land. Innenministerium. Unerwünschter Ausländer.

Azubi: schreibt. ’Unerwünschter .. .’ – Okay.

Azubi + Ressortleiterin  singen:     Wenn der Bund mit der Stadt

Verstecken übt

Und der Bund und die  Stadt

Verschieben spieln:

Mit’n Leuten!

Mit’n Leuten!

…………..

Azubi: Alles in Ordnung?

Ressortleiterin : Nee.

Azubi: Nee?

Azubi + Ressortleiterin singen:    

                                   Wenn der Bund aber nun kein Geld hat

                                                                          Liebe Leute, liebe Leute

                                                                          Was dann?

(12 – Hasilein) 

Chorleiterin: Ja, jetzt bin ich wieder die Leiterin unseres Arbeitslose-Laien-Theaters, um unseren Sketch „Tsunami“ zu unterbrechen, und einen anderen Sketch anzusagen. Was der Name „Tsunami“ bedeutet, werden Sie im 2. Teil erfahren, und danach wird es einen dramatischen Höhepunkt geben, in der Form, daß die Unterdrückten und Ausgegrenzten ein Aktionsbündnis mit der Natur eingehen und zurückschlagen. Danach ist dann erst einmal Pause. – Jetzt aber ein Sketch aus der Welt der Schönen und Reichen, so wie wir das sehen.  Dafür ist es nötig, daß eine von uns einen Mann spielt.  Unsere Gabi hier hat dazu keine Lust, also werde ich das sein. Trotzdem wird die Gabi mich erst einmal fragen, ob ich den Mann spielen will.

GABI: Spielst du den Mann?

CHORLEITERIN: druckst rum

Gabi: Spielst du den Mann?

Chorleiterin: geht in Positur Na gut.

Pause.

Der mann: geil sabbernd Eines Nachts, letzte Woche, sind mein Hasilein und ich ins Bett gegangen. Da sagt sie:

Hasilein: zwitschert „Ich glaube, ich habe jetzt keine Lust, ich möchte nur von dir in den Arm genommen werden.“

Der mann : brutal „Was?!?“

Hasilein: zwitschert  „Du kannst dich nicht mit meinen emotionalen Bedürfnissen als Frau identifizieren.“
Der mann : cool Am nächsten Samstag gingen das Hasilein und ich einkaufen. Das Hasilein fand drei Kleider die ihr gefielen.  – zum Hasilein, hinterhältig „Nimm doch alle drei!“

Hasilein: mit klimperndem Augenaufschlag „Aber dann bräuchte ich dazu jeweils ein passendes Paar Schuhe!“

Der mann: hinterhältig „Gute Idee!“

Hasilein: mit klimperndem Augenaufschlag „Und dreimal die passende Handtasche!“

Der mann: hinterhältig „Sehr gute Idee!“ – zum Publikum Sie war so glücklich und aufgeregt!

Hasilein: mit klimperndem Augenaufschlag  „Nun möchte ich aber auch noch einen Tennisschläger!“

Der mann : hinterhältig „Das ist hervorragend! Das ist vollkommen in Ordnung!“ – zum Publikum, geil sabbernd Sie war fast sexuell erregt!

Hasilein: mit klimperndem Augenaufschlag „Laß uns zur Kasse gehen und bezahlen.“
Der mann: ziert sich „Nein mein Schatz, ich glaube, ich habe jetzt gerade doch keine Lust dies alles zu bezahlen.“
Hasilein: sprachlos „Was?!?“

Der mann: ziert sich „Nein, ich möchte nur von dir in den Arm genommen werden.“
Hasilein: ehrlich überrascht Oh!

Pause.

Chorleiterin: finster Spiel ich immer och den Mann?

Gabi: Du spielst immer noch den Mann

Der mann : geil sabbernd Eines Nachts, letzte Woche, sind mein Hasilein und ich ins Bett gegangen. Da sagt sie:
Hasilein: zwitschert „Ich glaube, da ist noch eine Rechnung offen ..“
Der mann : geil sabbernd  Alles bezahlt, Hasilein, alles bezahlt …

Hasilein: mit klimperndem Augenaufschlag „Weißt du, warum ich dich wieder und wieder lieben werde?

Der mann: wedelt mit Geldscheinen  Weiß ich, Hasilein, weiß ich  … steckt ihr den Geldschein in den Mund

Melodie „Wenn der Topf aber nun ein Loch hat“. .

(13 – Tsunami II) 

Azubi + Ressortleiterin singen:                   

                                   Wenn der Bund aber nun kein Geld hat

                                                                          Liebe Leute, liebe Leute

                                                                          Was dann?

Sie stehen, vertiefen sich in ihre Ordner, blättern.

Azubi: Schrebermann, Gundolf, Uwe, Klaus, Jürgen. Alleinunterhalter und bis soeben Gelegenheitsarbeiter im Kabarett. Da das Kabarett keine Einnahmen hat, ohne Einkommen.  Soll Epileptiker sein. Fällt demzufolge in die Zuständigkeit … Ressortleiterin:  blättert .. der Kommune. Okay. blättert Epileptiker. Okay ohne aufzublicken  Geht zurück

Azubi: schreibt .. .. geht zurück an uns’. – Posselt, Elvira. Multitaskmanagerin. Ohne Einkommen. – Amtlich bescheinigte Schizophrenie. Fällt demzufolge in die Zuständigkeit

Ressortleiterin:  blättert .. Okay. Okay. Okay.  – ohne aufzublicken Zurück.

Azubi: schreibt .. ’ .. zurück .. an ..uns’. – Sandrock, Peter. Maschinenführer Bauindustrie. Ohne Einkommen. Zurückgeschickt, weil krankgeschrieben seit zwei Jahren. Intensivstation. Fällt demzufolge  …

Ressortleiterin: guckt geradeaus .. Okay. Okay. Okay.

Azubi: schreibt .. ’ .. zurück an uns … da haben wir ihn wieder, hurra .. ’. – Weiske, Felicitas. Zurückgeschickt vom Innenministerium. Leidet am Downsyndrom  Sondervermerk: Besitzt – leider – deutschen Paß…. …

Ressortleiterin:  blättert schweigend, macht Handbewegung.

Azubi: schreibt .. ’ zurück …

Azubi + Ressortleiterin  singen:     

                                    Wenn der Bund mit der Stadt

Verstecken übt

Und der Bund und die  Stadt

Verschieben spieln:

Mit’n Leuten!

Mit’n Leuten!

…………..

Azubi: Alles in Ordnung?

Ressortleiterin : Nee.

Azubi: Nee?

Azubi + Ressortleiterin  singen:     Wenn die Stadt aber nun kein Geld hat

                                                                Liebe Leute, liebe Leute

                                                                Was dann?

Sie stehen wieder auf ihren alten Plätzen, vertiefen sich in ihre Ordner, blättern.

Azubi: Schrebermann, Gundolf, Uwe, Klaus, Jürgen , Epileptiker.  ….

Ressortleiterin: Epileptiker streichen. Einsetzen: Alleinunterhalter. Soll der Bund die 3/4/5 bezahlen!

Azubi: schreibt. ’ Fällt als Arbeitsloser in die Zuständigkeit des …’ 

Auftritt Gundolf, vermummt, trägt Schild auf der Brust: GUNDOLF.

Azubi: Posselt, Elvira, schizophren  ….

Auftritt Elvira Posselt, vermummt, trägt Schild auf der Brust: ELVIRA.

Azubi: Sandrock, Peter .. .

Auftritt Peter Sandrock, vermummt, trägt Schild auf der Brust: PETER. Auftritt weiterer Vermummter (mit Namensschildern). Stehn unbeweglich. – Ressortleiterin und Azubi drehn sich um. Gucken wieder nach vorn.

Azubi: Hast du das gesehen?

Ressortleiterin: Was sollen die Spielchen? Wie wollen die überleben ohne uns!

Hinten regt sich niemand – Ressortleiterin und Azubi starren nach vorn.

Ressortleiterin: Es ist so still!

Azubi: Wissen Sie, wie das ist?

Ressortleiterin: Nee.

Azubi: Wie Weihnachten 2004

Ressortleiterin: Weihnachten 2004?

Azubi: War ich in Ceylon.

Ressortleiterin: Ich in  …

Azubi: Sie auch?

Ressortleiterin: ..  Thailand.

Pause.

Azubi: Da war auch nichts mehr.

Ressortleiterin: Nur die Stille.

Azubi: Kein Wasser, kein Meer.

Ressortleiterin: Genau. Nur noch Strand. – Leerer, stiller Strand.

Azubi: blickt angstvoll nach vorn Wie jetzt.

(14 – Rauchhaus-Song) 

Die Vermummten: skandieren, singen dann                                

                    Sagt mir eines, habt ihr da drinnen Stroh oder Scheiße in euer’m Kopf

                                                           Ihr hockt an eurem Schreibtisch, unsereins im letzten Loch

                                                           Wenn hier ein Tsunami kommt, sind wir aber mit dabei!

ressortleiterin +

Azubi:  leise und mit Erbitterung:     

                    Doch die Leute im besetzten Haus:                             

     Ihr kriegt uns hier nicht raus

                    Das ist unser Haus, schmeißt doch alle Arbeitslosen ganz aus Deutschland                            raus.

Die Vermummten: laut                      

Wir schrein es laut: Wir gehen hier nicht raus.

Das ist unser Haus, schmeißt doch alle Bürokraten aus der Stadtverwaltung raus!

Die Vermummten / ressortleiterin + Azubi:            

                                                              Sagt mir eines, habt ihr da oben Stroh oder Scheiße in euer’m Kopf

                    Ihr hockt in euren Ämtern, unsereins im letzten Loch

                    Wenn wir die Schnauze richtig vollham, seid ihr aber mit dabei

die beiden Parteien  wenden sich gegeneinander           

Dann geht ihr über den Parcours, und durch jede Sauerei!

Wir schrein es laut: Wir gehen hier nicht raus.

Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich alle Arbeitslosen ..

Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich alle Stadtverwaltungen  ..

Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich alle alle alle ganz aus Deutschland raus!

Pause.

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(15 – Werbeagentur) 

Alle laufen erregt über die Bühne. Intensives Nachdenken. „Kreative“ Atmosphäre. Reporterin  mit Mikrofon bewegt sich im Bild.

Reporterin: Wir sind in Hamburg. Genauer gesagt: Wir sind bei Ogilham, Needvy & Springcoby. Bei O, N & S wird Werbung gemacht: kreative Werbung, gute Werbung, teure Werbung. Von O, N & S stammt der Superslogan „Eßt Bananen“, der den Bananenumsatz in Deutschland nach oben katapultiert hat. Viele Werbeagenturen haben versucht, diesen kreativen Geniestreich zu kopieren, aber Slogans wie „Trinkt Limo“, „Hört CDs“ oder „Schnüffelt Leim“ waren nicht annähernd so erfolgreich. Beim heutigen Meeting geht es darum, der Agentur einen 100-Millionen-Auftrag zu angeln. Für die Kreativen bei O, N & S eine echte Herausforderung. O, N & S-Building, 8. Stock, 14 Uhr, Konferenzraum, kurz Konfi genannt… Im Konfi stehen Designerstühle, Designer­tische und Designerkaffee. Es riecht nach Designerschweiß. Delle, der Kreativdirektor, 520 000 Euro im Jahr, schwarzes Haar, schwarzes Sakko, schwarzer Rollkragenpulli, verteilt gerade das Rough – zu deutsch: Sheet – eines Kundenbriefings an seine drei Topkreativen. Im Klartext: Jeder kriegt ein Blatt Papier.

Delle: Unser Kunde will, daß wir Umu zur Nummer eins auf dem Markt machen.
reporterin: Marina, 240 000 Euro im Monat, schwarzes Kostüm, blickdichte schwarze Strümpfe:
Marina: Was kann denn dieses Umu?
Delle: Was jedes andere blöde Waschmittel auch kann.

reporterin: Tom, will 300 000 Euro im Monat, schwarzes Hemd, schwarze Hose:

Tom: Hab noch zuwenig Input, mir kommt’s noch nicht.
reporterin : Roland, 80 000 Euro im Jahr, schwarze Jeans, schwarze Fingernägel:

 Roland: Warum muß ich eigentlich stehen?
 Delle: Cool bleiben, Roland. Mein Feng-Shui-Berater hat gesagt, drei Stühle pro Raum sind genug, sonst ist der Energiefluß blockiert.“
 Marina: Ich hab’s! So geht’s: Generation Umu – Washpower for Germany!“

Delle:  Ist nicht schlecht, aber scheiße. Was meinst Du, Tom?
 Tom: Weiß nicht, mir kommt’s irgendwie noch nicht. Bad Vibrations hier.
 Roland: Marina kann doch auch mal stehen. Immer ich.

Reporterin: Delle schüttet den Inhalt einer Zehn-Kilo-Packung Umu auf den Tisch, rollt einen Fünfhundert­euro­schein zusammen und schnupft eine Dosis, die für eine 60-Grad-Wäsche reichen würde.
 Delle: Wow! Viel besser als Ariel. Wollt Ihr auch mal von dem neuen Zeug hier probieren?
 Marina: Nee, ich bin clean. Seit ich neulich an Megaperls fast erstickt bin, laß ich’s lieber.
 Tom: Wenn’s mir nicht bald kommt, geh ich nach Indien. Ich hab da nämlich einen Kumpel in einem Erdloch, der war früher auch in der Werbung. Als Kreativdirektor bei Maier, Meyer und Meier.
Roland: Ich setz mich jetzt gleich auf den Tisch.
 Marina: Warum nehmen wir nicht den Slogan, den wir von den Kopfschmerztabletten übrig haben?
 Delle: Welchen?
 Marina: Umu, und die Schmerzen sind weg.
 Delle: Nicht schlecht, aber scheiße. Paßt nicht zu Waschmittel. Was meinst Du, Tom?
 Tom: Hare Krishna. Hare Rama. Hare, hare.
 Delle: Sehr mutig, wird aber dem Kunden nicht gefallen.
 Marina: Also ich finde, wir sollten jetzt erst einmal bei den Basics anfangen. Was meint Ihr denn?
 Delle: Gute Idee. Erinnere mich daran, daß ich Dein Gehalt verdopple. Also, die Basics: waschen, weiß, strahlen. Jagt diese drei Facts mal in euer Kleinhirn, und dann will ich einen spontanen Emotional Payoff.
 Marina: Hey!
 Delle: Was ist denn, Marina?
 Marina: Roland hat sich auf meinen Schoß gesetzt.
 Tom: Mir kommt’s! Hare Umu. Hare Umu. Hare, hare.
Reporterin:  Die Tür geht auf. Mi Ling Ding, 13 200 Euro im Jahr, blauer Kittel, kommt mit einem Putzeimer und einem Lappen herein.

Alle drehn sich nach ihr um, und sie sagt zur Erklärung:

John: Mi macht sauber.
Delle: total begeistert „Macht sauber! Das ist es:

Alle: Umu macht sauber!“

Alle ab, bis auf Reporterin, Marina und Roland.

Reporterin: Das war es! Die originelle Umu-Kampagne wurde ein gigantischer Erfolg, und die neue Kreativdirektorin von Ogilham, Needvy & Springcoby, Mi Ling Ding (600 000 Euro im Jahr, gelbes Kostüm, gelber Pulli, gelbes Gesicht), gilt als Guru der Werbebranche. – Delle hat von seiner Abfindung Kanada gekauft und lebt dort zurückgezogen mit seiner Familie, Tom teilt sich mit seinem Kumpel das Erdloch in Indien, China setzt seinen langen Marsch nach Europa fort, und Marina  – gibt den Blick auf die Szenerie hinter ihr – teilt sich mit Roland einen Stuhl.

Alle ab.(16 – Eigenschaufeleigengrabeigenschaufler) 

Wartesituation. Arbeitsloser. Arbeitsloser mit Schaufel.

Arbeitsloser mit der Schaufel: Hast’n du früher gemacht?

Arbeitsloser: Computerachsvermessung.

Arbeitsloser mit der Schaufel: Computerachsver … !?

Arbeitsloser: Ja.

Arbeitsloser mit der Schaufel:’Ne Computerachse, was’n das?

Arbeitsloser: Gibt’s nich. – Achsen vermessen. Das gibt’s. Mit dem Computer.

Arbeitsloser mit der Schaufel: Aha.

Arbeitsloser: Das erste Wort – das sagt, womit man es etwas macht. Und was danach kommt, sagt: Was man macht!

Arbeitsloser mit der Schaufel: Aha.

Pause.

Arbeitsloser: Und du?

Arbeitsloser mit der Schaufel: Schaufelgrabschaufler.

Arbeitsloser: Soso, Schaufelgrabschaufler!

Pause.

Arbeitsloser: Und nu arbeitslos!

Arbeitsloser mit der Schaufel: Machen jetzt Ein-Euro-Jobber.

Arbeitsloser: Das Schaufelgrabschaufeln. Soso.

Pause.

Arbeitsloser: Und nu? Was willst’e nu machen?

Arbeitsloser mit der Schaufel: Eigenschaufelgrabschaufler.

Arbeitsloser: verständnisvoll Schlimme Zeiten jaja! Das eigne Grab schaufeln.

Arbeitsloser mit der Schaufel: Da hätt ich sagen müssen Schaufeleigengrabschaufler. Gesagt hab ich …

Arbeitsloser: Eigenschaufelgrabschaufler.

Arbeitsloser mit der Schaufel:: Eben.

Arbeitsloser: Verstehe! Mit der eigenen Schaufel!

Arbeitsloser mit der Schaufel: Genau! Und für ein Euro! Deshalb bin ich hier! Um mich als Ein-Euro-Jobber zum Gräber schaufeln anzumelden. Dasselbe, was ich früher gemacht hab für 1400  im Monat, mach ich jetzt für ein Euro – und mit der eigenen Schaufel!

Arbeitsloser: Mein Gott, wenn das so weiter geht, dann bist du am Ende …

Arbeitsloser mit der Schaufel:: Eigenschaufeleigengrabeigenschaufler, jawohl!

Arbeitsloser: Mit der eigenen Schaufel das eigene Grab schaufeln!

Arbeitsloser mit der Schaufel: Genau!

Arbeitsloser: Traurig!

Arbeitsloser mit der Schaufel: Naja!

Arbeitsloser: Eben. Du wirkst so fröhlich!

Arbeitsloser mit der Schaufel: Man darf nicht immer nur an sich denken! Ich schaufele mir das eigene Grab, aber mit Deutschland – geht es aufwärts!

Arbeitsloser: Mit Deutschland geht es aufwärts?!

Arbeitsloser mit der Schaufel: Jawohl! Frag nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frag, was du für dein Land tun kannst!

Arbeitsloser: Und deshalb schaufelst du dir das eigene Grab!

Arbeitsloser mit der Schaufel: Exakt!

Arbeitsloser: Denn du bist Deutschland!

Arbeitsloser mit der Schaufel: Genau!

Ab.

(17 – Stütze) 

Vernehmer:  Okay Freundchen: Ich lass mich nicht länger von Dir verarschen – Die Beweislast liegt bei Dir. Also los, raus mit der Sprache!

Stütze: Aber ich hab doch schon alles gesagt …

Vernehmer: Ok, wie Du willst! Ich bin Beamter, ich hab viiieelll Zeit … Fangen wir also noch mal gaaanz von vorne an! Name?

Stütze. Stütze, Stefan Stütze …

Vernehmer: Okay Stütze, Du bist absolut arbeitsfähig und wir haben Dich beim Kotrollbesuch bei Dir zu Hause auf frischer Tat erwischt, wie Du Dir  – in Deinem Kinderzimmer bei Deiner Mutter! –  an den Klöten gespielt hast, anstatt Dich um einen unzumutbaren 1-Euro-Job zu bemühen … Nach Hartz4 bist Du somit ein arbeitsunwilliger Sozialschma­rotzer und hast Dich strafbar gemacht!

Stütze: Ja aber die unzumutbaren Arbeiten haben doch gar nicht meinen Qualifikationen entsprochen – Ich hätte viel weniger verdient als mit dem Arbeitslosengeld 2 und außerdem hätte ich umziehen müssen!

Vernehmer. Stütze, was sind denn das für Argumente!! Du bist Single, lebst noch bei Deiner Mutter in Deinem alten Kinderzimmer und hast Dich erneut einer unzumutbaren Arbeit verweigert … Junge, aus der Nummer kommst Du lebend nicht mehr raus ….

Stütze: Ja aber das könnt ihr doch nicht mit mir machen … Ich hab doch vorher jahrelang eingezahlt. Ich bin doch auch auf Arbeitssuche zur Zeit – ich will halt einfach nicht irgendeinen Job machen …

Vernehmer: Schau an, schau an – Stütze will nicht irgendeinen 60-Stunden-Job im Niedriglohnbereich machen oder einer gemeinnützigen Arbeit nachgehen …

Stütze: Doch, das schon …

Vernehmer: Stütze will also was arbeiten, was er gelernt hat …

Stütze. Ja, genau …

Vernehmer. Mensch Stütze!!! Wir sind hier in Deutschland! Und nicht im Phantasialand!! Eierschaukeln und Klötze polieren auf Staatskosten gibt’s nicht mehr! Du hast gefälligst zu arbeiten, was man Dir anbietet! – Willst Du, dass wir amerikanische Methoden anwenden?

Stütze. Nein, keine amerikanischen Methoden – ich hab ne Halsband-Allergie …

Vernehmer : Oder sollen wir richtig schmerzhafte soziale Einschnitte durchführen?

Stütze. Nein, nein, nein – keine weiteren sozialen Einschnitte mehr. Ich kann doch kein Blut sehen …. Ich will ja arbeiten, aber fehlende Jobs kann man doch gar nicht ablehnen …

Vernehmer: Hoh Hoh Hoh – Stütze macht intellektuelle Wortspiele! Aber jetzt mal: Schnauze Stütze! Zur Strafe fliegst Du aus der geschönten Statistik raus!

Stütze: Aber dann bin ich ja gar nicht mehr registriert und bekomme keine Leistungen mehr!! Das könnt ihr nicht machen!

Vernehmer: Hahaha Stütze!!! Das können wir nicht machen?? Ich will dir sagen, was wir machen! Wir schmeißen dich raus auf den 3. 4. oder 5. Arbeitsmarkt! Schwarzarbeit, Fronarbeit, Arbeitslager! Und wenn dir das nicht paßt, Stütze, streicht dir der zuständige Stützpunkt die geschützte Stütze, Stütze, und wenn du Glück hast, Stütze, schicken sie dich in Stützenverein zur Jagd auf Gestützte wie dich, Stütze, das ist die Zukunft, Stütze, da stutzte, Stütze, wie!

Stütze: Das ist die Zukunft? – Gibt es keine Alternative?

Vernehmer. Doch. – Hier dein Arbeitsvertrag … reicht Papier

Stütze: liest 24 Stunden täglich unsichtbar machen.

Vernehmer: Wie gefällt dir das?

Stütze. Ne Vollzeitbeschäftigung, wie?!

Vernehmer. Ne Arbeit mit einer wirklichen Aufgabe und sozialer Verantwortung, Stütze!!

Ab.

18 – (Conference IV)

Herr Bremse: Skandiert, brüllt Neo-liber-aale Tuuur-bo- kapita-listenschweine!  – Ich muß Ihnen etwas gestehen. Ich bin nicht als Ein-Euro-Jobber für dieses Programm engagiert. Wenn Sie das in der Presse gelesen haben, so ist das nur ein strategical claim, eine Vermarktungslüge. Nein, in Wahrheit geht es mir gut.  Verbeugt sich  Gestatten, Bremse, Professor Bremse, Dozent für Kabarett und Privatgelehrter an diversen Theaterakademien, Fachbereich Unterhaltung und Belehrung.  Skandiert, brüllt Neo-liber-aale Tuuur-bo- kapita-listenschweine! – Das ist es, was ich in Wahrheit liebe!  Die Revolution! Die Aktion! Aktion direkt! Kabarett mache ich nur, so lange die Verhältnisse sind, wie sie nun mal sind! Aber einmal, sag ich Ihnen  … einmal, da kommt der Tag, ein andrer Tag  …  ! Skandiert, brüllt  Neo-liber-aale …

Gundolf ist gekommen.

Herr Bremse: Herr Schrebermann, Sie wieder. Dacht ich mir’s doch!

Gundolf: Ich will wieder mitspielen.

Herr Bremse: Versteh ich. Sie haben zwöf Kinder, die müssen Sie ernähren. Aber – wenn ich Sie das fragen darf – machen Sie sich nie Gedanken, welche Zukunft wir Ihren Kindern hinterlassen?! Sie müssen 50 Millionen Rentner am Leben erhalten, sie müssen …  Ach, Sie wissen selbst, was auf alles Ihre Kinder zukommt. Klimawandel, Überbevölkerung, der Untergang Europas, der Einmarsch Afrikas und Asiens, das Abschmelzen der Antarktis .. – Machen Sie sich nie Gedanken, was Sie Ihren Kindern zumuten?

Gundolf: Gedanken? Gedanken machen? Über den Gustav? Über die Gerda, die Gudrun, die Gretel, über den Gaston, den französischen, Sie wissen, den, wo viele nicht glauben, daß das so war, daß er französisch gezeugt ist, weil sie nicht glauben, daß …

Herr Bremse: Ich weiß, wie Sie Ihre Kinder fabriziert haben, Herr Schrebermann.

Gundolf: Die einzige, um die ich mir Gedanken mach, ist die Gundel.

Herr Bremse: Die Gundel!

Gundolf: Die will  hier groß auftreten. Weil, sie wüßte den Ausweg aus dem Arbeitslosenscheiß, den Sie eingerührt haben!

Herr Bremse: Hahaha! Sie weiß ihn!

Gundolf: Mit Verlaub, was sie zu sagen hat, ist noch schwachsinniger als Ihr Mist! Und deshalb lasse ich sie nicht hier singen, niemals! Ein Blödmann, ein Gedankenmacher,  das reicht mir!

Herr Bremse: Ich überhöre das, Herr Schrebermann, denn wir sind fast am Ende. – Apropos: Wie sollte Ihrer Meinung nach das Programm zu Ende gehen?

Gundolf: Lustig.

Herr Bremse: Da werden Sie Pech haben! Die nächste Nummer nämlich handelt von Heulen und Zähneklappern!

Gundolf: Das ist mir egal. Hauptsache, keine Arbeitslooser mehr  …

Herr Bremse: Nein, sondern kraftvolle, vitale, potente deutsche Unternehmer!

Beide ab.

19 – (Arme deutsche Arbeitgeber)

EINS:  weinerlich Meine Damen und Herren: Wir sind deutsche Unternehmer und Wirtschaftsbosse …

DREI: Uns geht es nicht gut!

ZWEI: Haben Sie Mitleid mit uns !

ALLE DREI flehend BITTE !

EINS. verzweifelt Ich kann nachts nicht mehr schlafen: Ich weiss einfach nicht mehr weiter …

ZWEI. Wobei wissen Sie nicht mehr weiter …?

EINS: Ich weiss einfach nicht mehr wohin mit all meinen Gewinnen. Ich habe doch schon in allen Steuerparadiesen Kapitalanlagen … Und jetzt liegt immer mehr Kapital einfach nur brach … und … und … die Zinsen ver­mehren sich immer weiter …. wie sinnlos rammelnde Kaninchen

DREI: schluchzt       Und ich, ich wollte ja mit dem Betriebsrat meiner Firma in Verhandlungen treten. Aber die Gewerkschaften haben ja von Anfang an meinen horrenden Forderungen zugestimmt: Aufhebung des Kündigungsschutzes, Wegfall der betrieblichen Mitbestimmung, 60-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich und kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Was sollte ich denn tun?!

ZWEI: So macht die Unternehmensführung keinen Spaß mehr …

EINS: Genau! Das ist demotivierend. Da ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zur inneren Kündigung …

ZWEI: weint Sie müssen mir glauben: Ich wollte meine Firma wirklich nicht in ein Niedrig-Lohn-Land verlagern. Wirklich nicht!!

DREI: Das macht doch keiner von uns mit Absicht …

ZWEI: weint Jetzt kostet mich die Produktion meiner im Verkauf total überteuerten Waren nur 6 Cent die Stunde … (verzweifelt) Ohne Lohnnebenkosten … und es sind … zarte … kleine … unschuldige Kinderhände, die meine Luxusartikel unter schlimmsten Bedingungen      produzieren müssen … Ich kann nicht mehr weiter sprechen …

EINS: Meine Damen und Herren, wir deutsche Unternehmer sind seelisch gebrochene Menschen …

ZWEI. jammert Und jetzt beschimpft man uns als Heuschrecken …

EINS: weint Ich will kein Insekt sein …

ZWEI: Und man wirft mir auch noch Vaterlandsverrat vor! Dabei bin ich doch die ganze Zeit in Deutschland, um meine Gewinne irgendwie zu verprassen. Das könnte ich in den Billiglohnländern doch gar nicht …

DREI: Es ist ein Teufelskreis: Wir wollen diese Art der Unternehmenspolitik doch gar nicht ….

EINS: Was sollen wir denn machen? – Wir bekommen die ganzen Subventionen und Steuererleichterungen doch regelrecht aufgezwungen …

DREI: Und das sogar von der SPD !!! Und demnächst bekommen wir von der CDU bestimmt noch mehr Erleichterungen und Steuergeschenke – Wo soll das bloß alles hinführen …

ZWEI: Wir wären wirklich so gern sozial gerecht … Aber wir sind zum maximalen Gewinn verdammt!

DREI: Deswegen bitten wir Sie:

EINS: Haben Sie ein mitleidendes Herz für uns deutsche Unternehmer!

DREI: Wählen Sie wieder links!

ZWEI. Also richtig links! z.B. die Linke Liste, Lafontaine, Gysi, Wagenknecht …

EINS. Streiken Sie! Legen Sie die Arbeit nieder! Machen Sie absichtlich Fehler!

ZWEI: Gehen Sie auf die Strasse! Demonstrieren Sie! Machen Sie was kaputt!

ALLE DREI- BITTE !          

DREI. Bauen Sie die alten Feindbilder wieder auf! (reckt die Faust und ruft  „Neoliberale-Turbo-Kapita­listen­­schweine“ … oder so …

EINS. Polarisieren Sie! Klagen Sie die soziale Kälte an!

ZWEI: Machen Sie uns deutschen Unternehmern und Managern das Geschäfts-Leben wieder so richtig schwer!

DREI. Damit wir endlich endlich wieder Spaß an unserer Arbeit haben …

EINS. Und damit wir uns endlich endlich wieder gut fühlen können …

ZWEI. Wir deutsche Unternehmer und Wirtschaftsbosse …

ALLE DREI. Bitte! — DANKE !!!!

Ab.

20 – (Abgeordnetenstrich)

Karin-Barabara Fleisch-Flöter: singt

                    Vo-h-o-r dem Reichstag, vor dem Parlament,

                                   steht eine wie ich, die mit jedem pennt …

                    Ich flog aus dem Plenarsaal raus,

                                   will jetzt zurück ins Hohe Haus –

                                                  gern auch als Matratzen-Maus ….

ungeduldiger Uhrblick Mensch, wo bleiben denn die Politiker die Bundestags-Debatte fängt doch gleich an …. freudig Aahhhh … – Hallöchen Herr Stoiber – Naahh, wie wär’s denn mit uns beiden?  Hey, wo willst Du denn so schnell hin? Wenn Du aus Berlin wegrennst,  dann macht die Ossi-Kanzlerin Dein Laptop-und-Lederhosen-Bayern zu einer verblühten Landschaft wie Sachsen-Anhalt … Willst Du das etwa ?!?!  – ihm hinterherrufend) Ich petz auch nicht, dass Du immer nur heißen  Kamillentee im Maßkrug hast, damit Du im Fernsehen wie ein richtiger Kerl aussiehst … – Oder Sie Herr Merz! Du ewig Zu-kurz-Gekommener! Du wilder glubschäugiger Sauerländer! – Wie sieht’s denn mit uns beiden aus? Ich kenn mich aus mit Intrigen – Ich helf Dir, wieder die Nr. 1 zu werden – Ich mach Dir Dein Abgeordneten-Büro und Du kannst wieder große Bundespolitik machen, obwohl Du eigentlich auf die Hinterbank gehörst …  – plötzlich empörter Seitenblick Ulla!! Was machst Du denn hier? Ulla, das hier ist mein Revier!!! Hau ab nach Aachen oder lümmel’ bei der Pharmaindustrie oder vor der Ärztekammer oder sonst wo rum …. – in die Hocke gehen             Was ist denn mit Ihnen, Herr Schäuble? – Wir beide als wildes Innen-Minister-Rollkommando und dann ab durchs Brandenburger Tor und Rot-Grüne Reförmchen plattwalzen – Na Wolfi, was hältst Du davon ….? – Heyyy, roll doch nicht weg – Wolfiiiii …. – generv )       Mennnnoohh … keiner will mich! So schlecht seh ich doch gar nicht aus … Ich war doch auch mal Abgeordnete – der Plenarsaal war mein Zuhause … verklärt Hach, all die Ausschuss-Sitzungen, manchmal bis spät  in die Nacht … noch verklärter Verhandlungen führen … wichtige Entscheidungen treffen fürs eigene Konto … ähhh … Ego …ähhh für Deutschland! – Und jetzt?! – Jetzt hab ich mein Mandat verloren – hatte nur einen hinteren Listenplatz – Bin ich natürlich nicht mehr in den verkleinerten Bundestag gekommen … verzweifelt Was soll ich denn jetzt machen? – Ich hab doch nix gelernt …  – zum Publikum  Hab ich mich überhaupt schon bei Ihnen vorgestellt? Fleisch-Flöter, Karin-Barbara Fleisch-Flöter. Meine Kolleginnen sagen auch gern mal Babsi und meine Kollegen die Flötistin …  – sich wieder lasziv anbietend Hallo Frau Künast? – Na, wie wär’s mit uns beiden, hmmmm …. Hey, ich kann freilaufend Öko-Eier legen …. Mit doppelt Eigelb und Gütesiegel … Ich vögel auch die Vogelgrippe weg … – ins Publikum Ja jetzt wundern Sie sich nicht, dass ich auch Frauen anspreche – ich bin von der FDP – politische Promiskuität und Bisexualität ist für mich überhaupt kein Problem: Wir machen es doch mit jedem – Hauptsache wir kommen irgendwie wieder an die Macht …. – zurückblickend Die Abgeordneten-Zeit war sooooo schön: Die ganzen Möglichkeiten, die sich mir durch die Lobbyisten-Kontakte erschlossen haben: In Aufsichtsräten sitzen, ohne Ende Nebeneinkünfte und die ganzen herrlichen Urlaubsreisen, die ich machen konnte – fast wie ein VW-Betriebsrat … – seufzend Hachhh … mir ging’s SOOO gut auf Staatskosten! (ernst) Nein, nein, nein – Käuflichkeit kann man mir nicht vorwerfen! Wissen Sie: Das war ein Geben und Nehmen und rechtlich gesehen war alles im grünen Bereich – Jawohl! – Gut, den Ehrenkodex für Bundestags-Abgeordnete kann man in der täglichen politischen Praxis nicht immer beachten – ja dafür ist der einfach viel zu umfangreich … – sich wieder anbietend Herr Koch! Ich bin auch eine ganz hervorragende Küchenhilfe – Ich rühre mit Ihnen die konservative Brühe weiter an – so richtig schön scharf mit Sozialkahlschlagskeule und Repressalien aller Art …  – Ich bin auch Avon-Beraterin: Ich schminke Ihnen Ihre aufgespritzten Lippen nach … wieder empört zur Seite Ulla !!! Du schon wieder!! Wie Du hast Langeweile? Hör mal Du Gesundheitsreformerin: Mach doch sozialdemokratische Doktor-Spielchen mit Deinen früheren Ministerkollegen … – Herr Beckstein!! Tun Sie doch mal was – Sie sind doch so ein harter Hund, Herr Beckstein. Ich weiß doch, dass Sie in Polizeigewahrsam aufgewachsen und von Polizeihunden genährt worden sind. Zur Belohnung belle ich Sie auch an wie ein deutscher Schäferhund, damit Sie sich wie bei Ihrer Mutter fühlen … – verzweifelt Mann, irgendeiner der Politiker muss mich doch nehmen … Was mach ich denn jetzt?! entrüstet  Auf keinen Fall geh ich zur Agentur für Arbeit Womöglich muss ich einen unzumutbaren 1-Euro-Job annehmen …  erschrocken Und dann auch noch von Berlin wegziehen, weil ich als Single mobil im Job sein muss! – Nachher werde ich sogar in den Osten geschickt und muss mich einem strukturschwachen FDP-Ortsverein im Osten anschließen – Uaahh – da gibt’s doch gar keine Besserverdienenden  – Nee, nicht mit mir … Ich glaub, ich werd ‘Klofrau-Ich-AG’ im Männerklo des Reichstags – das ist dann so wie früher in der Fraktion: Alles geht in die Hose, beim Geschäftemachen stinkt’s bis zum Himmel und das Ziel wird sowieso immer verfehlt …

Ab.

21 – (Weit weg auf der Alm)

Eins und  Zwei – auf Stühlen, Wischtücher über den Knieen. Sie schneiden Brothäppchen mit dem Taschenmesser und kauen bedächtig. Kuhglockengeläut.

Zwei: Hast du schon gehört? Das Carl-Thiem-Klinikum wird privatisiert.

Eins. Von mir aus.

Zwei. Hast du schon gehört? Im Arbeitsamt richten sie einen psychologischen Dienst ein.

Eins: Von mir aus.

Zwei. Schizophrenie. Das ist .. wenn einer in zwei Welten lebt.

Eins: Was willst’n damit sagen?

Zwei: Nichts.

Eins. Ich brauch kein psychologischen Dienst.

Zwei: Was?

Eins. Im Arbeitsamt.

Zwei. Der ist doch nicht für dich. Der ist für die Tussis dort.

Eins: Die haben Probleme?

Zwei: Klar.

Eins. Womit?

Zwei: Mit uns.

Eins: Mit uns? Was für welche?

Zwei winkt ab. Pause.

Zwei. Glaubst du, daß du ’ne faule Sau bist? Daß es dir zu gut geht? Daß du zu üppig auf Kosten der Sozialkassen lebst?

Eins: Klar.

Zwei: Glaubst du, daß du nur arbeiten wollen mußt, und dann arbeitest du auch?

Eins: Klar.

Kuhglockengeläut. Sie hören. – Dann:

Eins. Wie wir reden.

Zwei: Krank. Krankes Gequatsche.

Eins: Echt krankes Gequatsche.

Zwei: Mit uns möchte ich nichts zu tun haben.

Eins: Und wenn …

Zwei. Was wenn?

Eins: Wenn ich was mit uns zu tun haben müßte …

Zwei. Dann … ?

Eins. .. dann bräucht‘ ich einen Psychiater.

Zwei. Eben.

Pause. – Sie schneiden Brothäppchen mit dem Taschenmesser und kauen bedächtig. – Kuhglockengeläut.

Zwei: Hast du schon gehört? Das Carl-Thiem-Klinikum wird privatisiert.

Eins: Hast du schon gesagt.

Zwei: Im Arbeitsamt richten sie einen psychologischen Dienst ein.

Eins: Klar.

Zwei. Für den  Psychologischen Dienst zahlt das  Arbeitsamt 20 000 im Monat.

Eins. Was willst’n damit sagen?

Zwei. Wenn du 20 Jahre gearbeitet hast, hast du 20 000 in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt.

Eins: Hab ich.

Zwei: Was?

Eins: 20 Jahre gearbeit’.

Zwei. Naja.

Eins. Naja.

Ab.

22 – (Conference V)

herr Bremse: Wie geht es Ihrer Tochter?

Gundolf: Ich hab sie angekettet.

herr Bremse: Gut. Dann wird sie uns das Finale nicht versauen.

Pause.

Gundolf: Noch zwei Nummern!

herr Bremse: Und?

Gundolf: Dann ist Schluß!

herr Bremse: Wird ja auch Zeit.

Pause.

Gundolf: Wir müssen noch auf den Titel kommen!

herr Bremse: „Ich bin Papst, denn deutsch ist nur, wer Champion ist!“?

Gundolf:  Ja?

Draußen Fangesänge: B – e – n – e –d – e – tt – o !!! B – e – n – e –d – e – tt – o !!!

Gundolf:  Oje! Die Fußballweltmeisterschaft! Da hab ich keine Cance mehr in Sachen Popularität! zum Publikum Oder??? ( .. da das Publikum ihm widersprechen wird): Nein, neinnein – Gundolf ist nicht mehr die deutsche Hoffnung!

Ab.

herr Bremse:  sarkastisch Gut. Die deutsche Hoffnung heißt nun nicht mehr Gundolf.  – Elf Millionäre auf irgendeinem Kunstrasen, da hat ein Vater von zwölf Kindern keine Chance!

Draußen sich steigernde Fangesänge: B – e – n – e –d – e – tt – o !!!  B – e – n – e –d – e – tt – o !!!

herr Bremse:  Benedetto?! Kommt Ihnen das bekannt vor? – So endets immer: Im Besoffensein! Ich hab jetzt nur noch eins zu tun:

Gundolfs Tochter abzuketten!

                            So kann uns aus der Weltmisere

Kinderglauben retten!

Ab.

23 – (Der Papst bei der WM 2006)

Ministranten.  B – e – n – e –d – e – tt – o !!! Händeklatschen B – e – n – e – d – e – tt – o !!!!         

Reporterin: Meine Damen und Herren, liebe Fußballfans! Herzlich willkommen hier aus der Sakristei der kleinen Kaiser-Franz-Lichtgestalt-Kapelle hier in den Katakomben der Münchener Allianz-Arena. Soeben hat draußen auf dem Rasen das Eröffnungsspiel der WM mit der deutschen Mannschaft begonnen. – Und auf ganz besonderen Wunsch des DFB und von Teamchef Jürgen Klinsmann hat unser deutscher Papst Benedikt eben den Spielball des Eröffnungsspiels und damit die WM hier in Deutschland gesegnet …

MINISTRANTEN: Fansingsang         Ein Papa Ratzi –

Es gibt nur ein Papa Ratzi –

                                                  E – i – n Paaaaapaaaa Raaaatziiii ….

Es gibt nur ein Papa Ratzi !!!!

Reporterin: Der Papst muss nun nach seinem Segen jetzt jeden Moment hier in der Sakristei erscheinen, es sei denn Jürgen Klinsmann hat ihn mitspielen lassen … hahaha …. Seid ihr bereit für den Heiligen Vater!?!?!

MINISTRANTEN. wie Fußballfans in Erwartung eines Eckballs strecken auch die 2 Priester die Arme aus und wackeln mit den Fingern Oooooohhhh !!!

Papst Benedikt kommt in vollem Ornat mit 2 Flaschen Wein in den Händen

MINISTRANTEN. machen mehrmals die La-Ola-Welle Hey – Hey – Hey – Hey !!!!

In der nun folgenden Interview-Situation stehen die beiden Priester hinter dem Papst und halten schunkelnd ihre Stolas mit ausgebreiteten Armen hoch.

Reporterin: Guten Tag Herr Papst. Soeben haben Sie den Spielball und damit die WM hier in Deutschland gesegnet. Wie haben Sie sich dabei gefühlt ?

Papst: Wissen Sie: Ich bin nur ein einfacher und bescheidener Arbeiter auf  dem Spielfeld des Herrn ….

Reporterin: Also fast wie der deutsche Fußball: Einfach und bescheiden in seinen Möglichkeiten. Und wie haben Sie denn die Stimmung im Stadion und auf den Rängen erlebt ?

Papst: Wie auf dem Petersplatz in der Osternacht: Überall werden bengalische Osterfeuer gezündet und die Menschen jubeln …

Reporterin: Herr Heiliger Vater: Ist denn Fußball überhaupt ein Thema für Sie? Sind Sie ein Fußballfan?

Papst: Doch, doch. Der frühere Teamchef Coach Karol hat mir eine intakte Mannschaft überlassen

Reporterin: Sie haben sicherlich auch vom Torwartstreit zwischen Oliver Kahn und  Jens Lehmann gehört.  Wen würden Sie denn ins Tor stellen ?

Papst: Ich meine, der Heiland sollte im Tor stehen – der hat einfach das breiteste Kreuz …

Reporterin: Jetzt muss ich Sie aber doch mal fragen: Wo haben Sie denn die 2 Flaschen Wein her ?

Papst:  Die hat mir der Herr Mayer-Vorfelder gegeben. Er hat gesagt, dass er die heute nicht mehr schafft und spendet uns die Flaschen als Messwein …

Papst gibt die Flaschen den jubelnden Priestern

MINISTRANTEN: zur Melodie von „Rucki-Zucki         Papa Ratzi –

                                                                               Papa Ratzi –

                                                                               Papa Ratzi –

                                                                Du bist der beste Mann !!! – Beste Mann !!!

Priester und Papst trinken aus den Flaschen

Reporterin: Ja meine Damen und Herren, Sie sehen: Auch die katholische Kirche hat ihren Spaß am weltlichen Geschehen. Großartige Stimmung hier in der Sakristei der Kaiser-Franz-Lichtgestalt-Kapelle. Der Pontifex  haut den Wein weg auf Ex …

MINISTRANTEN: Singsang)              Ohne Messwein macht es keinen Spaß –

                                                  Ohne Messwein macht es keinen Spaß !

Priester und Papst trinken immer mehr

Reporterin: Ja da sage noch einer, in der katholischen Kirche gebe es nur asketische Spaßbremsen – das ist nicht der Fall! Im Stadion gibt’s ein Fußballbier – Und hier wird eben Messwein getrunken ….

MINISTRANTEN: Singsang Eine kleine Ministrantin ! – Ficken !!!

Eine kleine geile Sau ! – Sau !!!

                                   Das ist alles, was wir brauchen !

                                                  Ficken – Saufen – HSV !!!

Reporterin: Und mit diesen vergnüglichen Bildern und herrlichen Fangesängen verabschiede ich mich aus der Kaiser-Franz-Lichtgestalt-Kapelle und wünsche uns allen ebenfalls eine feucht-fröhliche Fußball-WM hier in Deutschland !

Priester und Papst machen als Abgang die „Raupe“ und kriechen singend ab

MINISTRANTEN;  … And you’ll never walk alone – you’ll never walk alone ….

24 – (Gundel, die deutsche Hummel, und Finale)

Während  Papst und Priester die Raupe hinaus machen, kommt „Gundolfs Tochter’ Gundel im Hummelkostüm.

Gundel:  winkt ins Publikum              Friede!

                                   Deutschland wird Fußballweltmeister!

                                                  Friede! Friede!

                                                  Und wir sind Papst!

                                                  Friede!

Gundolf: ist ihr hinterhergekommen, schreit Ich hab dir gesagt, du sollst nicht singen! Nicht in diesem … diesem … Dings da! Wer hat dich überhaupt abgekettet?

Gundel mißachtet das Verbot und beginnt zu singen, Gundolf – auf der Bühne – während ihres Gesanges, krümmt sich vor Schmerzen.

Gundel:  singt                                      In einem wunderbaren Land

                                                  Und dieses Land ist Deutschland

                                                  Ist eine Hoffnung sehr bekannt

                                                  Man spricht von ihr weit und breit

                                                  Und diese Hoffnung, die ich meine

                                                  Nennt sich Klinsi

                                                  Nennt sich Klinsi                            

                                                  Nennt sich Klinsi

Gundolf tipt ihr auf die Schulter

                                                  Nennt sich Micha

                                                  Nennt sich Ballack

                                                  Nennt sich Micha Ballack              

                                                  Nennt sich Klinsi

Heidemarie am Klavier stöhnt schon, usf.

                                                  Nennt sich Klinsi

                                                  Nennt sich Klinsi

Von draußen der Arbeitslosenchor.

Arbeitslosenchor:              Nennt sich Klinsi

                                                                                                                                                                                                                        Nennt sich Klinsi

                                   Nennt sich Klinsi

                                                  Nennt sich Klinsi

                                                  Kleiner superschlauer Kalifornier Klinsi

                                   Klinsi fliegt über den Atlantik

                                   Redet sos, wie’s Kaiser Franz gefällt

                                   Wir alle lieben unsren Klinsi

                                   Unsern Klinsi

                                   Unser kleines Super-Schwäble Klinsi

                                   Klinsi, unser liebes Klinsi

                                   Deutsch ist nur, wer Champion ist

Gundel:                                  Deutschland!

                                   Gebt die Hoffnung nicht auf!

                                                  Deutschland!

                                   Friede!