CARBONARA

Kabarett DIE EHRLICHEN

CARBONARA

(Nutten, Führer, Straßenkehrer)

nach Dario Fo

Regie: Mathias Neuber

Im rasanten Tempo der Commedia dell’arte erfährt eine mittellose Straßenkehrerin, dass ein Leben, wie die Reichen es führen, sie zu etwas machen könnte. Aber weil sie sich verliebt, bleibt sie, wie sie ist. Ein anderer Habenichts erfährt die Macht einer Uniform und putscht sich an die Spitze. So dass zum Schluss die Schauspielerin Katharina Riedel konstatiert: Der kleine „Mann“ ist mal so und mal so! Die Wirklichkeit gleicht einer Operette! Mit viel viel viel Musik! 

Kritik in der Lausitzer Rundschau (4.6.2013) von Ronald Ufer

Ein nackter Botschafter in der städtischen Mülltonne

Wenn das Nichts im Frack plötzlich nicht mehr göttlich ist Carbonara, inbrünstig wird der alte Hit von Spliff, der dem Programm den Namen gab, in der ersten Szene auf der Bühne 8 geröhrt. Doch die weiße Hochglanzidylle hält nur einige Augenblicke, dann drängen im Stück des Kabaretts „Die Ehrlichen“ die eigentlichen Protagonisten ins Rampenlicht. – Es geht um Nutten, Führer und Straßenkehrer, wie der Untertitel verrät. Zwei der Letzteren philosophieren nach Plato über das Nichts, das alles und letztlich auch Gott sei. Doch dann wird im Stil und Tempo der Commedia dell`Arte eine mittellose Straßenkehrerin plötzlich zu einer bewunderten Persönlichkeit. Sie begegnet einem „Botschafter“, dem plötzlich nur noch der Zylinder und ein Versteck in der Mülltonne geblieben sind. Dafür scheint die arme Schluckerin plötzlich bedeutend, erlebt ein Stück Dasein der Reichen. Aber wer aus dem Nichts scheinbar etwas darstellt, ist leicht mal so oder aber auch so. – Die italienische Leichtigkeit eines Dario Fo trifft in einer zweiten Ebene unter ähnlichen Vorzeichen, aber weniger komöd­iantisch auf das Verhältnis von Patronin und Diener/Gigolo. Nackte Wut statt Spaß prägt die Anleihen aus dem „Hauptmann von Köpenick“. Auch Schuster Voigt ist für die Behörden ein lästiges Nichts. Nach der Haft­entlassung bekommt er weder Aufenthaltserlaubnis noch Arbeit und damit keine Chance auf ein neues Leben. Der Rat, sich in die „menschliche Ordnung“ einzufügen, sich zu ducken, Pflichtgefühl zu zeigen, löst blanke Wut aus. Was ihr könnt, kann ich auch, sagt er sich, erschwindelt Macht, lässt mit bekanntem Ergebnis marschieren. – Italienisch leicht oder melodramatisch wird auf den zwei anderen Ebenen durchgespielt, was geschieht, wenn ein Nichts per Zufall, neuer Kleidung und anderer Wahrnehmung durch die Gesellschaft plötzlich zu einem Jemand wird. Hält das Selbstverständnis mit der neuen Fremdwahrnehmung Schritt, fühlt man sich dabei wohl, wie geht es weiter als ein Etwas und kann es dabei göttlich bleiben? Endet das Ganze eigentlich immer gut oder vielleicht doch schlecht? Rasante Abläufe, viel Musik und etwas Liebe sorgen in der Studentenbühne dafür, dass sich die „philosophischen“ Fragen nicht zu sperrig im Kopf festsetzen oder schwer im Magen liegen. Zudem überzeugt das Ensemble um Katharina Riedel (Straßenkehrerin & Schuster Voigt) und Karsten Pätz (Der Nackte) mit viel Witz, Situationskomik und genauer Figurenzeichnung.